Die Dämonen des Wolfgang G.
Im NP -Podcast True Crime Hannover spricht Rechtsanwalt Matthias Waldraff über ein in jeglicher Hinsicht außergewöhnliches Mandat

Aufzeichnung der Folge „Der Alptraumverbrecher“ für den NP-Podcast „True Crime in Hannover“ mit Rechtsanwalt Matthias Waldraff (links) und NP-Reporter Zoran Pantic.Foto: TVN

Er hat wohl auch selbst gewusst, dass er es nicht kontrollieren kann. „Hohes Gericht, bitte helfen Sie mir. Beschützen Sie mich vor mir selbst. Ich bin krank“, mit diesen Sätzen bat 1988 der damals 40-jährige Wolfgang G. vor dem Landgericht Hannover um eine möglichst harte Bestrafung. Er musste sich dort für die Entführung von zwei achtjährigen Mädchen in Bothfeld verantworten.

Die Kinder kamen gerade von einem Sporttraining, als Wolfgang G. und ein Komplize sie auf der Straße erblickten. Sie fuhren an die Mädchen heran, zerrten sie in ihren Wagen und rasten auf der A2 in Richtung Dortmund. Kurz vor Bad Oeynhausen hielten sie an. Im Prozess räumte Wolfgang G. schließlich ein, dass er eines der Kinder missbraucht hatte, vorher soll er sich noch eine Frauenperücke übergezogen haben. Erst Stunden später wurden die beiden verstörten und verängstigten Kinder in Bad Oeynhausen an einer Gaststätte freigelassen.

Der Verteidiger von Wolfgang G. war damals der hannoversche Anwalt Matthias Waldraff, er spricht im NP-Podcast True Crime Hannover über einen außergewöhnlichen Mandanten, seine extremen Fälle und Behördenversagen. In der Folge „Der Alptraumverbrecher – der Fall Wolfgang G.“ sagt der erfahrene Strafverteidiger: „Wir alle hatten den Kampf verloren gegen Wolfgang G.“

Schon vor der Entführung der beiden Kinder in Bothfeld hatte Wolfgang G. schwerste Sexualverbrechen begangen. In Berlin hatte er in den 1970ern zwölf Mädchen und junge Frauen in nur drei Jahren missbraucht und zum Teil auch vergewaltigt. Dafür saß er schließlich 13 Jahre in Haft, nur Monate nach der Entlassung kam es zu dem Fall in Hannover. Wolfgang G. wurde dafür schließlich zu weiteren siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt und in den Maßregelvollzug nach Moringen geschickt. Doch hier blieb er nicht lange. Die Einrichtung war nicht gut gesichert. G. konnte in der Nacht zum 19. Juni 1988 fliehen. Das Landgericht Hannover habe auf der Grundlage eines psychiatrischen Gutachtens festgestellt, dass er einen Hang zu schweren Sexualstraftaten habe, so Waldraff. Die Allgemeinheit sollte daher vor ihm geschützt werden. „Das ist im Fall Wolfgang G. nicht gewährleistet gewesen“, so der Anwalt, „sonst hätte er niemals weggekonnt.“ Es war eine Flucht mit Folgen.

Nur wenige Tage später stößt Wolfgang G. in einem Waldstück bei Karlsruhe eine 28-jährige Zahnarzthelferin vom Rad, will sie vergewaltigen, erdrosselt sie schließlich. Waldraff habe damals geahnt, dass so etwas gedroht habe. „Ich wusste, es wird etwas ganz Schlimmes passieren“, sagt der Jurist im Podcast. Wolfgang G. hatte seinen Anwalt telefonisch kontaktiert, Waldraff habe versucht, ihn noch zur Aufgabe zu überreden. „Ich habe alles mir denkbar Mögliche getan, das zu verhindern”, sagt er über die letzte Tat seines Mandanten.

Das Landgericht Baden-Baden verurteilte Wolfgang G. schließlich für diese Tat zu 15 Jahren und einer dauerhaften Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung. Doch weil er sich therapieunwillig gezeigt habe, wurde er wieder in eine JVA überstellt. Die Möglichkeit, dass man ihn im Maßregelvollzug unbefristet festhalten könnte, hatte man sich damit genommen.

Der Versuch, ihn durch eine nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung in Haft zu behalten, scheiterte schließlich an der neuen Rechtssprechnung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts. 2012 wurde Wolfgang G. schließlich unter Auflagen entlassen.

True Crime Hannover, der Erfolgspodcast der Neuen Presse, bringt es mit den bisher erschienenen sechs Staffeln auf mehr als 1,5 Millionen Streamings und Downloads. Präsentiert wird das Format von „www.visit-hannover.com“.

Die Folge „Der Alptraumverbrecher – der Fall Wolfgang G.“ ist zu finden in der NP-App, unter www.neuepresse.de und überall dort, wo es Podcasts gibt. Beispielsweise bei Spotify, Amazon oder Audible.

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