Nicht nur sie muss am Steintor zurzeit viel Geduld aufbringen: Wegen einer großen Baustelle wird der Kreuzungsverkehr mit einer mobilen Ampelanlage geregelt. Vor allem Menschen, die zu Fuß die Fahrbahn der Großen Bergstraße überqueren wollen, äußern wegen der neuen Wartezeiten massive Beschwerden.
Vor dem Beginn der Bauarbeiten gab es an der Großen Bergstraße keine Ampeln. Unmittelbar im Bereich einer angrenzenden Tempo-20-Zone flanierte man einfach über das Straßenpflaster, wenn kein Auto den Weg kreuzte. Mit der Inbetriebnahme der mobilen Signalanlage gilt das nun als Ordnungswidrigkeit, wenn das Signal für Fußgänger rot leuchtet.
Auch die pensionierte Lehrerin Renate Neubert äußert Kritik. „Ich stehe doch hier keine fünf Minuten herum, wenn kein Auto kommt“, sagt sie. Nur wenn Kinder zu sehen seien, halte sie sich an die Regeln, um kein schlechtes Vorbild zu sein. „Manchmal gehe ich auch ein paar Meter weiter entfernt von der Ampel über die Straße, wenn die Fahrbahn frei ist“, berichtet sie.
Dass der Bereich nicht ungefährlich ist, zeigt ein Vorfall aus der vergangenen Woche. In Höhe der Lichtzeichenanlage wurde ein zwölfjähriger Junge von einem 82-jährigen Autofahrer angefahren.
Über die Beschwerden ist die zuständige Verkehrsbehörde der Stadt Gehrden informiert: „Wir wurden vereinzelt auf die Situation angesprochen“, sagt Philip Berger, Leiter des städtischen Teams Sicherheit und Ordnung. Auch in den sozialen Medien habe er kritische Beiträge wegen „gefühlt langer Wartezeiten für Fußgänger“ gelesen. Berger ist mit Kollegin Leona Bitetto zur Kreuzung gekommen, um sich die Lage persönlich anzuschauen.
Zunächst erläutert Berger die Notwendigkeit der mobilen Ampelanlage für den Kreuzungsbereich. Die Anlage sei angeordnet, genehmigt und Mitte August in Betrieb genommen worden. „Wegen der Baustelle ist eine halbseitige Sperrung der Gartenstraße erforderlich – als Zufahrt für Materialanlieferung“, sagt der Teamleiter. Die Sperrung sei vorgeschrieben „nach den Richtlinien für die Absicherung von Arbeitsstellen an Straßen“.
Die Dauer der Ampelphasen sei so programmiert, dass genügend Zeit bleibe, damit kleinere Staus im Kreuzungsbereich abfließen könnten, bevor der Gegenverkehr dort ankomme. „Dafür sind längere Übergangsphasen wichtig, bevor für die Gegenrichtung die Ampel auf Grün springt“, erläutert Berger.
Kritik an Wartezeiten kann der Teamleiter „persönlich“ nachvollziehen. Zwar sei es möglich, die Rotphasen umprogrammieren zu lassen und zu verkürzen. Wegen der Gesamtlage lasse sich aber vermutlich für Wartende nicht viel Zeit gewinnen. Trotzdem greift der Teamleiter zu seinem Smartphone und lässt die Stoppuhr laufen, als die Fußgängerampel an der Großen Bergstraße auf Rot springt. Während die Stoppuhr läuft, muss sich Berger wegen seiner Behördenweste einen kritischen Kommentar gefallen lassen: „Habt ihr diese Ampeleinstellung so gemacht?“, fragt ein wartender Mann kopfschüttelnd.
Dann endet für Fußgänger die Rotphase. Bergers Stoppuhr zeigt eine Wartezeit von genau zwei Minuten und vier Sekunden an. Das sei deutlich unter den viel kritisierten „gefühlten fünf Minuten“, sagt er. „Zwei Minuten sind für jeden zumutbar“, meint Berger. Diese Wartezeit könne jeder aufbringen. „Bei fünf Minuten wäre eine Nachbesserung erforderlich – so aber nicht“, sagt er.
Regelverstöße von Passanten hat der Teamleiter an der Ampel mehrfach beobachtet, aber darauf verzichtet, Anzeigen aufzunehmen und Verfahren einzuleiten. „Rotlichtverstöße von Fußgängern werden als Ordnungswidrigkeiten im fließenden Verkehr von der Region Hannover mit einem Verwarngeld in Höhe von 5 Euro geahndet“, erläutert Berger.
Der Teamleiter beschreibt auch den „Ermessensspielraum“ für das Überqueren der Straße bei rotem Signal an einer vom Ampelbereich weiter entfernten Stelle: Um ein Verwarngeld geltend zu machen, müsse die Entfernung zur roten Ampel zumutbar gewesen sein.
Eine gute Nachricht: Laut bisheriger Planung sind die Baustellenampeln nur etwa ein Jahr lang erforderlich. „In einer Tempo-30-Zone dürfen ohne besonderen Grund wegen des geringen Tempos keine Ampeln eingerichtet werden“, berichtet Berger.