Seit 30 Jahren „eine Erfolgsgeschichte“
1995 ist der Männertreff ins Leben gerufen worden – an Bedeutung hat er seitdem nichts eingebüßt

Unternehmungslustig: Fast 30 Ausflüge machen die Mitglieder des Männertreffs im Jahr. Anfang August ging es beispielsweise zum Kyffhäuser-Denkmal.Foto: privat
Gehrden. Zugegeben: Eine Einrichtung, bei der regelmäßig ausschließlich Männer zusammenkommen, wirkt aus der Zeit gefallen. Und dennoch ist der Gehrdener Männertreff ein Erfolgsmodell – und das seit nunmehr 30 Jahren.

1995 kam die Idee auf, sich mit Gleichgesinnten zu treffen, die das Berufsleben hinter sich haben und die ihren Ruhestand aktiv gestalten wollen. Daraus entstand schnell ein fester Kreis von Rentnern und Pensionären. Bis heute kommt die Gruppe mit ihren 55 Mitgliedern zusammen. Zwischen 60 und 90 Jahre alt sind sie. „Die Treffler“ nennt „Eventmanager“ Thomas Wille die Gruppe.

Der Männertreff ist kein Verein, sondern ein eher lockerer Verbund. Sprecher ist Michael Scherfenberg, der vor zwei Jahren Manfred Mücke abgelöst hat. Was Scherfenberg und Wille wichtig ist: Der Treff ist nicht elitär. Akademische Titel, Abzeichen oder Gehaltsklassen spielen keine Rolle. Beim Männertreff Gehrden begegnen sich alle auf Augenhöhe. Geduzt wird hier ohnehin. Nur passen muss es, wenn einer neu mitmachen will. Deshalb gebe es auch eine Art „Bewerbungsgespräch“, wenn jemand neu dabei sein wolle. „Aber das ist eine lockere Unterhaltung“, schränkt der ehemalige Lehrer ein.

Jeden Mittwoch kommen die Männer zusammen, abwechselnd im Gemeindesaal der Margarethenkirche oder bei einer Exkursion. Mit der Kirche haben die Mitglieder nichts zu tun, sie zahlen lediglich Miete für die Nutzung des Raumes. Ebenso wenig sind sie ein eingetragener Verein. Die Männer organisieren sich selbst. Die Finanzen regeln sich über eine jährliche Umlage, jeder ist einmal pro Jahr zuständig für Kaffee und Kuchen oder das nächste Ausflugsziel. Ein Prinzip, das funktioniert. Denn eines ist wichtig: „Wir wollen was erleben und in Bewegung bleiben“, sagte Scherfenberg mit Blick auf die unzähligen Aktivitäten.

Unangenehme Überraschungen gab es bislang bei den Tagesfahrten nicht. Außer 2019. Nach einem Besuch der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora bei Nordhausen machte die Gruppe eine Pause an der Raststätte Seesen. „Und als wir schon wieder mit dem Bus auf der Autobahn unterwegs waren, fiel uns auf, dass ein Teilnehmer fehlte“, erinnert sich Scherfenberg. Das Problem: Er sei nicht erreichen gewesen. Schließlich musste der Bus am Autobahn-Dreieck Salzgitter umkehren. Der Vergessene habe derweil an der Theke der Raststätte gesessen. „Er war sichtbar erleichtert, als wir wieder auftauchten“, so Scherfenberg. Seitdem werde immer akkurat durchgezählt, bevor der Bus losfahre.

Geselligkeit und Aktivitäten sind das Herz des Männertreffs. Einige suchen hier nach dem Eintritt in den Ruhestand vor allem eine Freizeitbeschäftigung und das Gespräch. Für Scherfenberg, der seit 2023 Sprecher der Gruppe ist, sind das die entscheidenden Faktoren.

Viele Männer hätten Angst vor dem Ruhestand und würden in ein Loch fallen. Im Beruf sei man in ein soziales Umfeld eingebunden, mit dem Ruhestand breche das alles plötzlich weg. „Es gibt den Bedarf. Diese Leute werden bei uns aufgefangen“, sagt er. Er sei stolz, dass der Männertreff dazu beitrage, dass es den Männern im Ruhestand gut gehe. „Der Männertreff ist eine Erfolgsgeschichte“, meint er.

Die Männer sind in Bewegung und mobil. Das Programm ist umfangreich und abwechslungsreich. Mal wird das THW in Ronnenberg besucht, dann steht eine Stadtbesichtigung in Göttingen auf der Agenda oder eine Radtour zum Erdbeercafé. Zum 30-jährigen Bestehen ging es nach in das Panorama-Museum nach Bad Frankenhausen – eine Gedenkstätte für den Deutschen Bauernkrieg. Die Vorschläge und die Planung übernimmt immer ein Mitglied der Gruppe. Der 70-jährige Thomas Wille ist für den Freizeitbereich verantwortlich und erstellt das Jahresprogramm. Seit 1995 gab es 850 Unternehmungen. Neben Wille unterstützen Helmuth Temps und Sigi Elsler Sprecher Scherfenberg.

Wille war es im Übrigen auch, der den Männertreff durch die Corona-Zeit geführt hat. „Er hat es geschafft, dass wir untereinander den Kontakt gehalten haben“, erzählt Scherfenberg. Es habe zu jeder Zeit das „Wort zum Mittwoch“ gegeben – launige Texte, die den „Trefflern“ zugemailt worden seien.

Entstanden ist der Zusammenschluss im Jahr 1995 auf die Initiative von Gerhard Frieling. Der Diplom-Ingenieur war damals mit 64 Jahren frühpensioniert worden, doch Familie, Haus und Hobbys waren ihm zu wenig. Auf der Suche nach Gleichaltrigen zum gemeinsamen Zeitvertreib wandte er sich daher in einem offenen Brief an Pensionäre, Frührentner, Rentner, Arbeitslose über 57 Jahre und alle weiteren Männer der Jahrgänge 1927 bis 1937, die in Kürze in den Ruhestand gehen würden. Ihm schwebten gemeinsamer Sport, Bildung, Vorträge und Diskussionen sowie Ausflüge, Spiele oder Reparaturarbeiten vor.

„Ich schlage vor: Ein Treffen lebensfroher Ruheständler und solcher, die es werden wollen“, schrieb er. Eine Vision, die sich vollends erfüllt hat.

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