Keine Betreuung mehrbei den „Königskindern“
Barsinghausens erste Großtagespflege schließt nach 17 Jahren:Was sind die Gründe? Und fehlen jetzt wieder Krippenplätze?

Haben schweren Herzens zugemacht: Cora von der Fecht, Mondy Nagel und Birgit Schlag von der ehemaligen Großtagespflege „Königskinder“.Foto: privat
Barsinghausen. Nach 17 Jahren ist Schluss: Die Großtagespflege „Königskinder“ in Barsinghausen hat geschlossen. Es war die erste Einrichtung dieser Art, die damals in Barsinghausen eröffnet hat. Betreut wurden Kinder im Alter von einem bis drei Jahren. Cora von der Fecht und Mondy Nagel bildeten mit Vertretungskraft Birgit Schlag das Dreiergespann.

Bereits im Frühjahr 2024 gab es erste Gedanken daran, die Großtagespflege aufzugeben, erzählt Cora von der Fecht. „Es kamen viele Sachen zusammen“, sagt die 59-Jährige. Zum einen habe ihre Kollegin Mondy Nagel sich beruflich verändern wollen. „Aber auch die Auflagen wurden immer mehr. Wir mussten uns immer wieder neu ausrichten“, erzählt von der Fecht.

Die Idee sei mal gewesen, dass die Tagespflege häuslich ist, sagt sie. „Aber wir wurden behandelt wie richtige Krippen.“ Dazu hätten offenbar auch hygienische Vorgaben gezählt, obwohl in der Großtagespflege gar nicht gekocht wurde. „Wir haben für all das nicht das Geld, da wir nur eine Investitionspauschale von 100 Euro pro Jahr bekommen“, erklärt die gelernte zahnmedizinische Fachangestellte. Darunter fallen aber auch alle anderen Anschaffungen, wie zum Beispiel neue Bücher.

Hinzukamen immer mehr Büroarbeiten, Dokumentationen oder Elterngespräche, die am Nachmittag oder Abend gemacht werden mussten, sowie Fortbildungen an den Wochenenden – alles Überstunden, die nicht bezahlt werden. „In den vergangenen Jahren ist immer weniger übrig geblieben, auch wenn die Stadt immer mal wieder Sätze erhöht hat“, sagt von der Fecht. „Es gehört schon viel Enthusiasmus dazu, um das zu machen.“

Glück hatten sie dagegen bei Instandhaltungen der Räume, da die von der Hoffnungsgemeinde zur Verfügung gestellt und von dieser entsprechend erhalten wurden. „Die Hoffnungsgemeinde hat uns da immer unterstützt und sich zum Beispiel um Fluchttüren gekümmert.“ Als dann aber noch das Brandschutzkonzept überarbeitet werden musste und es hieß, dass sich nur noch maximal zehn Menschen in den Räumen aufhalten dürfen und die Zahl der zu betreuenden Kinder gesenkt werden muss, fiel die Entscheidung für das Ende. „Das sind schließlich 20 Prozent weniger Einnahmen, da wir pro Kind bezahlt werden“, erklärt von der Fecht.

Die Entscheidung sei nicht leicht gefallen. „Wir haben im Team immer wieder darüber gesprochen und uns reflektiert“, sagt von der Fecht. Am Ende sei es ihr und ihrer Kollegin mit der Entscheidung gut gegangen. Und doch haben sie diese bewusst getroffen und bereits im Sommer vor dem Ende nur noch ältere Kinder aufgenommen, die in diesem Jahr dann sowieso in den Kindergarten gewechselt haben. „Wir wollten es nicht so machen, dass die Familien zusehen müssen, wo ihre Kinder dann unterkommen“, sagt von der Fecht.

Die Stadt bezeichnet die Schließung der Großtagespflege als „großen Verlust“. Denn jede Betreuungsform trage dazu bei, den Bedarf an Betreuungsplätzen zu decken. Allerdings würden durch die Schließung keine Plätze fehlen, heißt es weiter. Dazu trägt wahrscheinlich auch die Eröffnung einer neuen Großtagespflege Anfang August bei.

Zahlen aus Mai dieses Jahres bestätigen zudem eine deutlich verbesserte Situation bei Betreuungsplätzen. So lag der Bedarf damals bei 354 und die Stadt hatte 352 Plätze. Es entstand also eine Lücke von zwei Plätzen.

Für die Eltern der „Königskinder“ kam die Information trotzdem überraschend. Ana Tabbert ist im Mai zum zweiten Mal Mutter geworden. „Meine Tochter wurde damals bei der Großtagespflege so toll aufgenommen und sich liebevoll gekümmert, dass ich gerne auch meinen Sohn dort hingegeben hätte“, sagt sie. Nun muss sie nach einer neuen Krippe suchen. „Ich hoffe, dass ich eine Einrichtung finde, wo ich beide Kinder unterbringen kann“, sagt sie.

Maria del Core geht es ähnlich. Ihr vierjähriger Sohn geht zwar jetzt in den Kindergarten. Doch ihr anderes elf Monate altes Kind hätte sie gerne zu den „Königskindern“ gegeben. „Die Betreuung dort ist wirklich super“, sagt sie. Cora von der Fecht und Mondy Nagel haben sich beruflich jetzt noch einmal neu orientiert. „Ich unterstütze das Montessori Kinderhaus und Mondy Nagel ist an einer Förderschule als Erzieherin tätig“, sagt von der Fecht. Die alten Räume werden weiterhin genutzt, zum einen für Mutter-Kind-Gruppen, aber auch als Aufenthaltsraum während des Gottesdienstes.

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