Pastorin mit dem Sinn für kreative Formate
Mit offenen Ohren und neuen Ideen zurück in der Heimatkirche:Anja Bremer übernimmt das Amt in den Benther Berg-Gemeinden.

Mit ganz viel Herz und ein wenig Lametta: Anja Bremer freut sich auf die Zeit als Pastorin am Benther-Berg. Foto: Heidi Rabenhorst
Benthe/Everloh/Northen/Lenthe. Wer Anja Bremer begegnet, merkt schnell: Diese Pastorin ist anders. Offener. Nahbarer. Kreativer. Und manchmal auch einfach glitzernder. Seit Januar ist die gebürtige Niedersächsin im Kirchenkreis Ronnenberg als Pastorin tätig – und hat sich schon in den ersten Monaten mit viel Herz eingebracht. „Ich möchte Kirche so gestalten, dass sie die Menschen wirklich erreicht“, sagt die 51-Jährige.

Nach zweieinhalb Jahren in der evangelischen Kirchengemeinde Riegel-Endingen am Kaiserstuhl, wo sie unter anderem kreative Formate wie Taufen in Gartenpools und „Trauungen to go“ entwickelte, kehrte sie zum 1. Juli 2024 in die Landeskirche Hannover zurück. Zuletzt war sie unter anderem mit einer halben Stelle als Theologische Referentin im Michaeliskloster Hildesheim tätig und unterstützte zudem den Kirchenkreis Ronnenberg im Vertretungsdienst.

Zum 1. Oktober übernimmt sie die Pfarrstelle am Benther Berg und wird zusätzlich weiterhin als Springerin im Kirchenkreis Ronnenberg tätig sein – „da, wo ich gebraucht werde“. Im Gepäck: viel Erfahrung, Herzenswärme und eine Lichterkette für besondere Gelegenheiten. Man darf sie sich durchaus mit Glitzerschuhen oder Lametta im Haar vorstellen.

Ihr pastorales Handeln prägt eine zentrale Frage Jesu: „Was willst du, dass ich dir tun soll?“ Für Anja Bremer steht der Mensch im Mittelpunkt. „Kasualien – also Taufen, Trauungen und Beerdigungen – sind Momente, in denen der Glaube Menschen auf ganz besondere Weise berühren kann. Ich möchte diese Übergänge im Leben achtsam und persönlich mitgestalten.“ Kein Wunder, dass sie zunächst auch im Vertretungsdienst mit genau diesem Schwerpunkt tätig war, als sie nach Niedersachsen zurückkehrte.

Geboren und aufgewachsen ist Bremer im niedersächsischen Northeim. Nach dem Abitur begann sie ein Theologiestudium, wechselte dann wegen eines angekündigten Einstellungsstopps zur Religionspädagogik. Später, mit 40 Jahren, kehrte sie zurück zur Theologie.

„Irgendwann war mir klar: Ich will Gemeindepastorin werden.“ Geprägt haben sie eigene Erfahrungen mit Krankheit und Verlust – ein Hirntumor im Alter von 29 Jahren, der frühe Tod ihres Bruders und ihres Vaters. „Ich trenne nicht zwischen meiner privaten Person und meinem Amt. Ich bin immer beides – ganz Mensch und ganz Pastorin.“

Und auch nach außen hin zeigt sie, wie sehr sie das Leben liebt. So sind ihre rot lackierten Fingernägel Ausdruck von Lebensfreude. Ebenso wie ein eher ungewöhnliches Detail: Auf ihrem linken Unterarm trägt sie tätowiert die Titel der Lieder, die einmal bei ihrer eigenen Beerdigung gespielt werden sollen. Auf der Innenseite hat sich Anja Bremer den Songtitel „Konfetti“ von Enno Bunger tätowieren lassen. Auf der Außenseite, für alle gut sichtbar, steht in feiner Schrift: „Abide with me“ – übersetzt: „Bleib bei mir“, ein protestantisches Abendlied von Theodor Werner nach dem englischen „Abide with me“ von Henry Francis Lyte.

Kirche auf Augenhöhe – das bedeutet für sie auch: Präsenz zeigen, dort wo die Menschen sind. Auf Wochenmärkten zum Beispiel. Oder im Netz. Auch auf Instagram teilt sie Einblicke in ihren Alltag: Unter dem Namen @habseligkeitenhochdrei veröffentlicht sie kleine Predigten, Gedanken und Bilder – spirituell, poetisch und manchmal auch mit einem Augenzwinkern.

So macht sie Glauben sichtbar, ohne aufdringlich zu sein. Sie glaube an eine Kirche, die mitten im Leben steht. Die tröstet, feiert, fragt und zweifelt. Und manchmal eben auch glitzert. „Die sozialen Medien sind der Marktplatz unserer Zeit. Da kommen Menschen zusammen – und genau dort sollte Kirche präsent sein.“

Die Lust am Ausprobieren ist für sie Programm. Ob „Pop-up-Kirche“ im Einkaufszentrum oder moderne Gottesdienstformate ohne Orgelbank – Bremer denkt Kirche vom Leben her. „Kirche soll da sein, wo das Leben spielt.“

Dass sie jetzt in die Region zurückgekehrt ist, fühlt sich für sie richtig an. Gemeinsam mit ihrem Mann, Andreas Ströble, Pastor in Ronnenberg und Ihme-Roloven, wohnt sie aktuell noch in Linderte. Ab Oktober wird das Pfarrhaus in Benthe ihr neues Zuhause. „Dann sind wir angekommen“, sagt sie.

Ein erstes Ankommen habe es aber schon gegeben: beim Feuerwehrfest in Northen. „Da hatte ich ein echtes Flashback in meine Teenagerzeit. Ein Fest, bei dem das ganze Dorf zusammenkommt – so stelle ich mir gelebtes Gemeindeleben vor.“ Dass solche Veranstaltungen auch mal über die klassische Arbeitszeit hinausgehen, ist für sie kein Problem. „Dann dauert ein Fest eben ein bisschen länger“, sagt sie schmunzelnd – mit einem charmanten Augenzwinkern.

Ob sie Neues oder Altbewährtes im Gepäck hat, beantwortet sie mit einem einfachen Satz: „Ich richte mich nach den Bedürfnissen der Menschen – und auch nach meinen eigenen.“ Es ist diese ehrliche, menschliche Art, die viele sofort anspricht. In Riegel wurde sie mit Glitzerkanone und Tränen verabschiedet – und am Benther Berg mit offenen Armen empfangen. Ihre Einführung erfolgt am 28. September in der Kirche zu den 10.000 Rittern in Lenthe.

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