„Das ist keineswegs selbstverständlich“
Der TSV Egestorf hat einen neuen, jungen Vorstand gefunden /
Große 130-Jahr-Feier für 2026 geplant

Das ist der neue Vorstand des TSV Egestorf: Sebastian Tammen (von links), Nicole Möller, Hassina Zavbi und Dennis Bönnen.Foto:Jennifer Krebs
Egestorf. Das funktioniert heutzutage nicht bei jedem Verein so reibungslos: Der TSV Egestorf hat einen neuen, jungen Vorstand gefunden. Die Vereinsführung besteht jetzt aus einem Team aus vier gleichberechtigten Mitgliedern mit individuellen Themenschwerpunkten. Das geschäftsführende Quartett sind Vorstandssprecher Dennis Bönnen (46), Hassina Zavbi (31, Events, Liegenschaften, Kooperationen), Nicole Möller (44, Finanzen) und Sebastian Tammen (38, Kommunikation).

Mit seinen aktuell knapp 1000 Mitgliedern in zwölf Sparten gehört der TSV Egestorf neben dem TSV Kirchdorf und dem TSV Barsinghausen, die ähnlich viele Mitglieder haben, zu den größten Vereinen in der Stadt. Karl-Heinz Tiemann (70), der Ehrenvorsitzende des TSV Egestorf, ist froh, dass sich so unkompliziert und schnell diese junge Truppe für den Vorstand zusammengefunden hat – „das ist keineswegs selbstverständlich, in einer Zeit, in der es zunehmend schwerfällt, auch jüngere, berufstätige Menschen für ehrenamtliche Führungsaufgaben zu begeistern“, sagt er.

Nachwuchsmangel, Bürokratie, veränderte Erwartungen: Gerade das Ehrenamt stünde vielerorts vor großen Herausforderungen, meint Tiemann. Auch wenn er durchs Gesetz geschützt sei, habe der Vorstand eines Vereins eine große Verantwortung. Und so ein Ehrenamt kostet vor allem eins: Zeit.

Tiemann selbst macht seit mehr als 25 Jahren Vereinsarbeit, war Spartenleiter im Tennis, dann für Rugby. 2011 übernahm er den Stellvertreter-Posten beim TSV Egestorf. Anfang dieses Jahres hatte der alte Vorstand mit Claudia Scheffer, Christian Japtok und Detlef Bönker angekündigt, aufhören zu wollen. „Wir hatten ein halbes Jahr, um neue Leute zu finden und den Vorstand neu zu gestalten“, sagt Tiemann. Solange erklärten sich Bönker und Japtok bereit, weiterzumachen. Und auch Tiemann, der da schon Ehrenvorsitzender war und eigentlich nicht mehr im operativen Geschäft des Vereins, ließ sich noch einmal dazu wählen, um in der Übergangszeit zu unterstützen.

„Ja, es hätte auch anders laufen können“, ist ihm durchaus bewusst. Ohne einen Vorstand geht es nicht. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass jeder Verein einen Vorstand haben muss. Der alte Vorstand war dementsprechend vorbereitet, hätte sich in dem halben Jahr kein neuer Vorstand gefunden. Damit der Verein handlungsfähig bleibt, hätte dann etwa das Amtsgericht einen Notvorstand bestellen müssen. Oder der TSV Egestorf wäre mit einem anderen Verein fusioniert. Diese Möglichkeit hätte es tatsächlich auch gegeben, sagt Tiemann, ohne hier einen Namen nennen zu wollen. Doch soweit ist es nun ja nicht gekommen.

Der neue Vorstand arbeitet sich gerade ein. Als Leiter der Sparte Volleyball gehörte Bönnen auch vorher schon zum Gesamtvorstand des TSV Egestorf. Deswegen habe er die Problematik mit der Suche nach einem neuen Vorstand auch mitbekommen, erzählt er. „Ich habe schon immer Sport gemacht, in verschiedenen Vereinen“, sagt er. Vor vier Jahren ist er in Egestorf zugezogen. Trainer im Volleyball wurde er, weil seine Tochter anfing, zu spielen. „Und dann wächst man in diese Aufgaben so rein“, sagt er.

Möller und Tammen („wir spielen zusammen Tennis“) sprach Bönnen gezielt darauf an, ob sie sich eine Mitarbeit im Vorstand vorstellen könnten. Zavbi, die Kleinkindertanzen im Verein anbietet, kam dann noch dazu. „Vorstandsarbeit funktioniert halt am besten mit einem guten Team“, sagt Bönnen. Ob es schwer gewesen sei, die anderen zu überzeugen? „Nein, tatsächlich nicht“, sagt er. Allen Vieren liegt viel daran, dass es mit dem Verein weitergeht. Aber man habe sich durchaus die Frage gestellt, ob man genügend Zeit in dieses Ehrenamt investieren könne, räumt Bönnen ein. „Wir haben alle Kinder und sind berufstätig.“

Was die Entscheidung bei allen ein Stück weit leichter machte: Seit April beschäftigt der TSV Egestorf eine Halbtagskraft, die dem Vorstand die bürokratischen Aufgaben abnimmt. Mitgliederlisten pflegen, Aufnahme neuer Mitglieder bearbeiten, Austritte verwalten, Beitragszahlungen überwachen: „Das ist eine unheimlich große Entlastung für das Ehrenamt und war mit einer der entscheidenden Gründe, dass wir alle gesagt haben, ja, wir machen das“, sagt Bönnen.

Und wo soll’s nun hingehen mit dem Verein unter dem neuen Vorstand? Es gebe verschiedene Überlegungen, das Sportangebot zu erweitern. Zum einen bei den Kursen, Yoga und Funktionstraining zum Beispiel, das der TSV Egestorf bereits anbietet, aber durchaus noch ausgebaut werden könnte. Aber auch die Kooperation mit der Grundschule nebenan soll mehr werden, wünscht sich der neue Vorstand. Gemeinsam ließen sich sicher vielfältige Nachmittagsangebote im Bereich Bewegung, Spiel und Sport ermöglichen, sagt Zavbi.

Auch Wirt Torben Schneider soll besser eingebunden und das Vereinsheim noch mehr zum Anlaufpunkt gemacht werden. Man sei ja froh, dass man einen Pächter für die Vereinsgaststätte gefunden habe. Viele Kneipen, die Egestorf hatte wie Reinecke, Söhle und Deutsches Haus, haben in den vergangenen Jahren zugemacht. Übriggeblieben sind die Bärenhöhle und die Waldapotheke, die vor Kurzem wieder aufgemacht hat.

Egestorf hat 8500 Einwohnerinnen und Einwohner, ist damit der zweitgrößte Stadtteil von Barsinghausen. Der TSV Egestorf sei hier für die Menschen ein Ort des Beisammenseins und der Begegnung, betont der neue Vorstand die Wichtigkeit des Sportvereins. Der Verein schaffe Zugehörigkeit und stärke soziale Kontakte. Vorstandsmitglied Zavbi kennt das von sich selbst auch. Als sie vor einem Jahr mit ihrer Familie aus Köln hierherzog – mit ihrem dreijährigen Sohn und ihrem Mann, der ursprünglich aus Egestorf kommt – habe sie sich natürlich gefragt, wo man hier wohl am ehesten Anschluss finde. Und das sei nun mal im Sportverein.

Der neue Vorstand des TSV Egstorf hat sich vorgenommen, den Zusammenhalt grundsätzlich wieder mehr zu fördern. Zum Beispiel durch größere gemeinsame Veranstaltungen, spartenübergreifend, sagt Tammen. Vielleicht auch Corona geschuldet, hätte dies zuletzt gar nicht stattgefunden, bedauert er.

Ein Anlass für eine große Feier gibt es dabei bereits: Der TSV Egestorf wird dieses Jahr 130 Jahre alt – und das soll gefeiert werden, nachdem das 125-jährige Vereinsbestehen wegen der Pandemie ins Wasser gefallen war.

„Das soll ein größeres Event werden, ein Miteinander, das die Gemeinschaft stärkt und wo alle Sparten zusammenkommen“, kündigt Zavbi an. Dieses Jahr soll das aber nicht mehr sein, wegen der Vorstandssuche und wäre die Vorbereitung zu knapp gewesen. Deswegen wird erst 2026 gefeiert. Der genaue Termin steht noch nicht fest, wahrscheinlich wird’s aber im Juni sein. Auf jeden Fall vor den Sommerferien.

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