„Es ist nicht so, dass jede Woche eine Schulstunde lang gemeinsam gelesen wird“, macht sie deutlich. Die Kinder seien nach ungefähr sieben Minuten erschöpft. Früher sei es vereinzelt vorgekommen, dass sich ein Kind beispielsweise aufgrund von ADHS schlecht fokussieren und konzentrieren konnte. „Wenn man das nicht kann, kann man auch nicht lesen“, erklärt sie. Heute seien es weitaus mehr Kinder, die derartige Probleme hätten. Die Lesementoren hätten entsprechendes Material, um die Mädchen und Jungen spielerisch zum Lesen zu animieren.
Häufige Unterstützung durch die Lesementoren braucht auch Kinder, die mehrsprachig aufwachsen. Oft würden diese die deutsche Sprache erst in der Schule lernen, sagt Hahnefeld. „Diese Kinder müssten ganz anders gefördert werden. Das können wir nicht mit einer Stunde pro Woche leisten“, ist ihre Meinung. Hahnefeld sieht die Politik in der Pflicht, für eine intensivere Unterstützung zu sorgen. Der Verein befinde sich im ständigen Austausch mit Lehrkräften, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten, außerdem gebe es Seminare zu dem Thema, und Fachliteratur sei angeschafft worden.
„Die Kinder geben einem so viel zurück”, sagt sie und beschreibt ihre Tätigkeit als Lesementorin als etwas, das sie glücklich und zufrieden macht. Man sehe es den Kindern an, wie sie sich darüber freuen, dass jemand da sei und Zeit mit ihnen verbringen wolle. „Ich habe schon viele Ämter ausgeübt. So viel wie von den Kindern habe ich noch nie zurückbekommen“, sagt sie. Auch habe sie viel von den Kindern gelernt, beispielsweise über andere Kulturen.
Hahnefeld, die selbst zwei erwachsene Kinder hat und sich auch beim Notruf „Mirjam“ engagiert, hatte seinerzeit an einem Vorbereitungsseminar teilgenommen, um sich auf ihre ehrenamtliche Tätigkeit vorzubereiten. Alle zwei Monate findet mittlerweile ein Mentorentreffen in der Bert-Brecht-Schule statt, um sich auszutauschen. Ein Fachvortrag zu relevanten Themen, wie beispielsweise verschiedene Methoden für flüssiges Lesen, gehöre immer dazu. Außerdem könnten sich die Mentorinnen und Mentoren mit vielseitigem und aktuellem Lesestoff für jedes Leseniveau versorgen. Dazu stehe ein vereinseigener Leihbücherschrank zur Verfügung.
Der Mentor-Bundesverband stellte dem Verein 2021 zwölf iPads zur Verfügung, um „Lesen auf Distanz“ via Videokonferenz zu ermöglichen. Davon werde im Barsinghäuser Verein aber selten Gebrauch gemacht, berichtet Hahnefeld. Vielmehr würden die iPads genutzt, um besonders bei jüngeren Kindern spielerisch die Konzentration und das Textverständnis zu fördern. Das Mentorentreffen sei auch dafür vorgesehen, dass Interessenten dazukommen und sich ein erstes Bild verschaffen können. „Wir haben einen Bildungsauftrag“, unterstreicht die 1. Vorsitzende Ursula Barz die Wichtigkeit des Vereinszwecks.
Bei der Vereinsgründung seien es 70 bis 80 Mentoren gewesen. Zwischenzeitlich seien weit mehr als 100 Mentorinnen und Mentoren aktiv dabei gewesen. Aktuell seien es knapp 100. „Wir üben mit den Kindern meistens im Verhältnis eins zu eins“, führt Hahnefeld aus. „Es gibt aber auch Mentoren, die zwei oder sogar drei Kinder pro Woche im Einzelunterricht betreuen.“ Das werde allerdings gleich für mehrere Kinder zum Problem, wenn diese Person ausfalle.
In der Regel würden die Schulen den Bedarf an Lesetraining melden und mitteilen, an welchem Tag und zu welcher Zeit die Mentorenstunde stattfinden könne. Oft sei das die erste Schulstunde ab 8 Uhr oder eine kurz vor Schulschluss. In der weiterführenden Schule starte man oft in der fünften Kasse mit dem Lesetraining und entscheide gemeinsam mit der Lehrkraft und oft auch mit dem Kind, wie lange es fortgesetzt werde.
Der Verein freut sich, wenn neue Mentoren dazustoßen. In den weiterführenden Schulen, konkret der Bert-Brecht-Schule, der IGS Rodenberg, der KGS Goetheschule und der Lisa-Tetzner-Schule, würden noch Helfer benötigt. Weitere Informationen und Kontaktadressen gibt es im Internet unter www.mentor-barsinghausen-schaumburg.de.