Bewohnerin Christa Kramer hat sich das Wort „Skifreizeitwochenende“ ausgedacht. Schließlich passe das so gut zur Jahreszeit. Die darin enthaltenen Buchstaben dürfen genutzt werden für neue Wörter. Richter bekommt Zuruf auf Zuruf. Und schreibt und schreibt. „Da waren wir alle heute sehr fleißig“, sagt sie und blickt zufrieden auf die volle Seite der gesammelten Werke.
Fleißig, das ist auch Richter selbst. Sie engagiert sich seit mehr als 20 Jahren im Marienstift. Auf eine lange ehrenamtliche Tätigkeit kann auch Christa Cotte zurückblicken, sie ist hier auf freiwilliger Basis seit 15 Jahren aktiv. „Rosi und ich haben früher viel zusammengearbeitet, beispielsweise bei Edeka. Sie hat mich dann gefragt, ob ich nicht mal mitkommen will“, erinnert sich Cotte. Sie wollte. „Ich habe mich hier von Anfang wohlgefühlt und die Bewohner ins Herz geschlossen.“ Auch Freundschaften sind dabei entstanden.
Mittlerweile sind die beiden Frauen, die mit ihren 80 Jahren so alt wie viele der 40 Bewohnerinnen und Bewohner sind, ein fester Bestandteil des Hauses an der Schillerstraße. An drei Vormittagen in der Woche sind sie vor Ort. Richter leitet außer dem Gedächtnistraining und einer Gymnastikeinheit auch das Bingo-Spiel. Cotte besucht vor allem einzelne Bewohnerinnen und Bewohner, geht bei schönem Wetter auch mit ihnen in den Garten, unterhält sich mit einer kleinen Gruppe oder sitzt auch bei Sterbenden am Bett.
„Die beiden Damen sind eine große Hilfe für uns – und auch ein großes Vorbild“, sagt Elena Kerbs, die Leiterin des Marienstifts. Ein Vorbild deswegen, „weil es Mut macht und zeigt, was im hohen Alter noch möglich ist und wie man sich engagieren kann“. Richter und Cotte seien wegen ihres freundlichen Wesens sowie wegen des gleichen Alters ein verlängerter Arm zu den Bewohnerinnen und Bewohnern. „Wir sind sehr dankbar, dass sie da sind. Wir haben zwar genug Personal. Aber Rosi und Christa ermöglichen es uns umso mehr, die Betreuung der Menschen individueller zu gestalten“, sagt Kerbs.
Individuell hat es im Grunde auch angefangen bei Richter, bevor sie sich dann später um große Gruppen kümmerte. Sie kam zunächst für den ambulanten Hospizdienst „Aufgefangen“ ins Haus, begleitete im Marienstift sterbende Menschen. „Für ,Aufgefangen‘ war ich in verschiedenen Altenheimen auch in Wennigsen oder Ronnenberg tätig, aber durch die Begleitung im Marienstift blieb ich hier dabei“, erzählt sie und ergänzt, „dass es einem nahe geht, wenn Leute versterben, die man gut kennt“. Richter gehört im Übrigen auch dem Heimbeirat des Alten- und Pflegeheims Marienstift an.
Und wie kommt das Engagement der beiden in Barsinghausen wohnenden Ehrenamtlichen bei den Bewohnerinnen und Bewohnern an? „Man freut sich jedes Mal darauf, wenn sie wieder da sind. Wir honorieren das alle“, sagt Gertrud Skora. Und Christa Kramer ergänzt: „Wir können uns immer darauf verlassen, dass sie an den drei Tagen in der Woche hier sind.“ Wie es sich für echte Ehrenamtliche mit einem großen Herz gehört, waren Richter und Cotte natürlich auch an Weihnachten, Silvester und Neujahr im Marienstift.
Dabei ging es teilweise auch um die Gestaltung der Gottesdienste. Und wie bei Gottesdiensten üblich, wird dort viel gesungen – ebenfalls ein wichtiger Punkt in Richters Angeboten. Sie singt seit 20 Jahren im Heimatchor Eckerde. „Dadurch singen wir auch hier viel. Zweimal im Jahr kommt auch der Chor ins Haus und gibt kleine Konzerte“, sagt Richter und weiß, „dass den älteren Menschen die Lieder von früher sehr wichtig sind“. Kramer nickt. „Das alte Liedgut singen wir sehr gern. Das hört man ja auch nicht mehr im Radio.“
Je mehr die Frauen ins Erzählen kommen, desto deutlicher wird die Vielfältigkeit des Angebots. „Gedichte machen wir auch“, sagt Richter. Schließlich ist es wichtig, im Kopf fit zu bleiben. „Für uns sind die Besuche der beiden immer feste Termine, um aus unseren Zimmern zu kommen. Sie gehören hier schon zum Inventar“, sagt Kramer und zeigt nach draußen. „Und im Sommer wird es dann auf unserem tollen Außengelände noch schöner an den Vormittagen mit ihnen.“