Widerstand gegen dengeplanten Multiterminal-Hub
Der Rat der Stadt Gehrden hat eine Resolution verabschiedet,
um den Bau eines Stromdrehkreuzes am Gehrdener Berg zu verhindern. Doch es gibt auch Kritik.

Widerstand: Unterhalb des Gehrdener Bergs soll der Multiterminal-Hub gebaut werden. Viele Gehrdenerinnen und Gehrdener wehren sich dagegen.Foto: Dirk Wirausky
Gehrden. Es ist durchaus ein Spagat: Zum einen sprechen sich nahezu alle Gehrdenerinnen und Gehrdener für eine Energiewende aus, zum anderen wollen viele Bürgerinnen und Bürger verhindern, dass zwischen Redderse und Leveste ein riesiges Stromdrehkreuz gebaut wird. „Wir handeln nicht nach dem St.-Florians-Prinzip“, beeilte sich Thomas Spieker (CDU) in der jüngsten Sitzung des Rates zu sagen. Doch der Bau eines Multiterminal-Hub westlich des Gehrdener Berges sei absolut der falsche Standort.

Nun, ähnlich dürften auch andere Kommunen argumentieren. Dennoch stimmte der Rat mehrheitlich der Resolution zu, die die CDU eingebracht hat. Das Ziel: den Bau „eines Mega-Hub“ bei Redderse zu verhindern. „Wir sagen damit, welches Worst-Case-Szenario wir ablehnen“, sagte Spieker. Ein „schlimmster Fall“ wäre es, wenn das Stromdrehkreuz an einer kulturhistorisch wertvollen Stelle errichtet werden würde. Aus seiner Sicht sei die Resolution deshalb logisch. „Wir müssen uns als Rat positionieren“, meint Spieker. Das sieht auch Klaus Dörffer (CDU) so. Es würden von Tennet und der Bundesnetzagentur wichtige Daten, Fakten und Informationen fehlen. „Wir wissen nicht, welche Folgen der Hub für den Bereich und die Menschen am Gehrdener Berg hat“, monierte Dörffer.

Das Ziel der Christdemokraten ist es, den Bau des Gleichstrom-Drehkreuzes im Dreieck Redderse, Leveste und Gehrdener Berg – mitten im Landschaftsschutzgebiet und auf Ackerboden – zu verhindern und einen alternativen Standort für den sogenannten Multiterminal-Hub zu finden. „Wir fordern die Bundesnetzagentur und den Netzbetreiber Tennet auf, unsere gewichtigen Argumente aufzunehmen und unverzüglich mit einer Veränderung des Standortplanungskorridors zu reagieren“, heißt es in der Resolution.

Regionspräsident Steffen Krach und Regionsdezernent Jens Palandt werden zudem aufgefordert, sich sofort in den regionalen Raumordnungsprozess und das Planfeststellungsverfahren einzuschalten und sich im Sinne „der bürgerschaftlichen Akzeptanz“ der von allen getragenen Energiewende für einen geeigneteren Standort einer solchen großtechnischen Anlage einzusetzen. Alle Bundestagsabgeordneten, Landtagsabgeordneten und Regionsabgeordneten aus dem Calenberger Land sollten sich ebenfalls „endlich wirkungsvoll“ und im Gleichklang für einen akzeptablen und für die Umgebung verträglichen Standort des Mega-Hub einzusetzen, lautet die Forderung.

Stephan Fromm (Die Partei) folgte der CDU nicht. Bei der Anlage handele es sich um ein notwendiges Infrastrukturprojekt für die gesamte Republik. „Es wahrt unseren Wohlstand“, sagte er. Er störe sich auch an dem immer wieder genutzten Begriff „Mega-Hub“. Er lehne die Resolution wegen der Sprachwahl ab. Das suggeriere den Menschen etwas Bedrohliches. Er wünsche sich, dass die Diskussion versachlicht werde, anstatt sie zu emotionalisieren. Dazu hätte er sich gewünscht, dass alle Ratsfraktionen und -gruppen im Vorfeld in die Erklärung eingebunden worden wären. Letzteres hätte sich auch Rudi Locher (FDP) gewünscht.

Unterstützung bekam die CDU von Wolfram Jerichow, Sprecher der Bürgerinitiative (BI) Gegenstrom. Die Fläche am Gehrdener Berg sei kein geeigneter Standort für den Hub. Jerichow betonte zudem, dass dort eine Schaltanlage gebaut werde, in der keine Menschen arbeiten. Sie bestehe aus Hallen, die auf einer Fläche gebaut werden sollen, die etwa 50 Fußballplätzen entspreche. Gleichzeitig betonte er: „Wir wollen die Anlage keinem zuschieben.“ Die BI hatte aber zuletzt immer wieder deutlich gemacht, dass sie es für sinnvoller halte, wenn bei der Standortsuche alte Industrieanlagen und Flächen an der Autobahn geprüft würden.

Tennet erwägt, einen Multiterminal-Hub am Gehrdener Berg zu bauen. Dabei handelt es sich um einen überdimensionalen Verteiler. Dort sollen die geplanten Hochspannungs-Gleichstromverbindungen Nord-West-Link und Ost-West-Link, deren Trassen sich quer und längs durch die Republik ziehen und Strom von der Nordsee nach Süddeutschland bringen, zusammenkommen. Die BI kämpft dagegen, dass direkt am Gehrdener Berg zwischen Redderse und Leveste ein sogenannter Multiterminal-Hub errichtet wird. Im Juni und zuletzt im November hatte sie unter anderem zwei größere Protestaktionen organisiert.

Ob der Mega-Hub tatsächlich bei Gehrden gebaut wird, ist keineswegs sicher. Aktuell steht der Standort noch nicht fest. Der Korridor, in dem sich die Strecken überschneiden, reicht grob von Barsinghausen bis zur Grenze Hildesheims. „Wir haben uns noch für keinen Standort entschieden, wir untersuchen mehrere“, sagt Christoph Klapproth von Tennet.

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