Mit Vincent
in der Achterbahn
„Van Gogh – The Immersive Experience“
– ein bildgewaltiges Spektakel in der Alten Druckerei

Beindruckend: Die Van Gogh Experience Ausstellung in der Alten Druckerei.Foto: Tim Schaarschmidt

Cofo Entertainment“ heißt die Produktionsfirma, die die große Ausstellung „Van Gogh – The Immersive Experience“ durch Deutschland touren lässt. Der Firmenname sagt, worum es geht: Entertainment. Unterhaltung ist das Ziel. Und das wird erreicht. Die große Multimedia-Ausstellung, die jetzt in der Alten Druckerei neben dem Medienhaus in Hannover-Bemerode eröffnet wurde, ist sehr unterhaltend. Man staunt. Man lacht. Man ist verblüfft.

Der Einstieg ist sanft: Ein Raum mit leuchtenden Sonnenblumen, die als dreidimensionale Objekte von den Wänden hängen, begrüßt die Besucher. Dann gibt es ein paar Informationen zu Leben und Werk von Vincent van Gogh, es folgen Reproduktionen einiger seiner berühmten Gemälde und ein paar Möglichkeiten, um sich in liebevoll gezimmerten Bühnenbildern fotografieren zu lassen.

Und dann geht es in den Raum, der im Zentrum der ganzen Angelegenheit steht – ins große Van-Gogh-Kino. Vier Leinwände gibt es, 30 Meter lang sind die beiden Längsseiten, 15 Meter lang die Querseiten, der Raum ist sechs Meter hoch, 18 Beamer, die am Deckengerüst hängen, werfen die Bilder van Goghs auf die Leinwände: Sonnenblumen, Felder, Sternennächte, Selbstporträts. Kunstvoll geht ein Bild ins andere über. Selbst der Boden funkelt. Die Bilder zeichnen das Leben des Künstlers nach, gegen Ende versucht die Schau, die Besucher auch ein bisschen in den Wahnsinn eintauchen zu lassen. Da scheint Wasser aus den Gemälden zu quellen. Der ganze Saal scheint geflutet zu werden, und über den Boden huscht mit schlängelnden Bewegungen ein Fisch. Nett. Technisch ist das recht komplex. Die Übergänge müssen stimmen, die Projektionen müssen sehr genau aufeinander abgestimmt sein. Kurz vor der Ausstellungseröffnung sei ein Beamer ausgefallen, erzählt Oliver Forster, der Chef von „Cofo Entertainment“, um fünf Uhr morgens sei ein Techniker aus Leipzig angereist, um das Gerät auszutauschen. Praktischerweise lässt „Cofo“ in Leipzig gerade die Schau „Titanic – eine immersive Reise“ aufbauen; am 28. November soll sie eröffnet werden. Ein paar Wochen später, am 17. Dezember, startet „Cofo“ eine weitere immersive Ausstellung in Dortmund. Dort wird eine Banksy-Show gezeigt, die vor zwei Jahren unter dem Titel „The Mystery of Banksy – A Genius Mind“ mit großem Erfolg im „Aufhof“ in Hannover lief. Immersive Spektakel kommen an. Es hat ja auch etwas, sich inmitten einer überwältigenden Bilderflut zu befinden. Bei der Van-Gogh-Show in der alten Druckerei sind die Bilder fast ständig in Bewegung. Immer flattern bunte Gebilde über die Leinwände und auch über die Zuschauer. Sonnenblumenblütenblätter, Sternengefunkel, kleine Flammen, Herbstlaub, Ähren oder Pinselstriche – die würstchenartigen Gebilde verändern sich und sind überall. Über allem ergießt sich ein Schwall von zuweilen recht pompöser Musik, die manchmal an Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ erinnert.Texte gibt es auch. Gelegentlich schweben Zitate aus Briefen van Goghs über die Bilder, und ab und zu ist die Stimme eines Erzählers zu hören. Sehr bedächtig, mit viel Dramatik aufgeladen und dabei ungeheuer sonor berichtet der Schauspieler Torsten Münchow (der auch als Synchronsprecher von Antonio Banderas und Gérard Depardieu tätig ist) vom Leben des Künstlers und zitiert einige schöne Stellen aus dessen Briefen. Stimmlich ist alles ziemlich dick aufgetragen – aber das passt gut zum Rest der Schau.

Am Ende dürfen die Besucher (gegen ein zusätzliches Entgelt von 3 Euro) noch einmal auf andere Weise in das Werk van Goghs eintauchen. Auf drehbaren Barhockern sitzend, können sie mit einer Virtual-Reality-Brille durch seine Bilder spazieren. Das Ganze ist eine ansprechende, zuweilen Schwindel erregende Achterbahnfahrt durch das Werk eines Künstlers, dessen enorme Produktivität auch eng mit seinem enormen Leiden verknüpft war. Am Ende dieser VR-Erfahrung fühlt man sich angenehm mitgenommen. Der Weg durch die Ausstellung ist eine Einbahnstraße. Am Ende, nach dem farbenfrohen Bilderflug mit der VR-Brille, kann man nicht einfach umkehren und vielleicht noch mal an dem Seifenstück schnuppern, das im Nachbau des Zimmers von Arles auf dem Tischchen lag. Aber das ist auch gar nicht nötig. Denn die Seife ist aus Plastik. Sie riecht nach nichts. Da scheint die Grenze der Immersion dann doch erreicht.

Info: „Van Gogh – The Immersive Experience“. Bis 1. März 2026 in der Alten Druckerei Hannover, August-Madsack-Straße 1, 30559 Hannover. Da die Anzahl der Besucher in der Ausstellung limitiert ist, empfiehlt sich der Kauf eines Zeitfenster-Tickets. Die Verweildauer ist aber zeitlich unbegrenzt. Tickets gibt es unter tickets.haz.de sowie in den Ticketshops der HAZ und der Neuen Presse. Die Ausstellung ist barrierefrei.

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