Trennung und Gewalt bleiben Hauptthemen
Steigende Fälle häuslicher Gewalt belasten das Frauenzentrum Ronnenberg

Kein Wort dringt nach draußen:Marion Weber (links) und Beate Janisch bieten Gespräche im geschützten Raum an.Foto: Heidi Rabenhorst
Empelde. Die aktuellen Zahlen aus dem kommunalen Frauenzentrum Ronnenberg zeichnen ein deutliches Bild: Gewalt in Partnerschaften ist kein Randthema – sie betrifft Frauen quer durch alle Alters- und Gesellschaftsschichten. Im Jahr 2024 suchten insgesamt 135 Frauen Rat und Unterstützung im Frauenzentrum, bis Anfang Oktober 2025 waren es bereits 118 Frauen. Ein Großteil der Hilfesuchenden kommt aus Ronnenberg selbst, doch auch in Wennigsen und Gehrden ist das Beratungsangebot gefragt. 13 Klientinnen kommen aus Wennigsen, 18 aus Gehrden.

Die Diplomsozialpädagoginnen Beate Janisch und Marion Weber, beide mit traumapädagogischer Zusatzausbildung, leiten das 1991 eröffnete einzige kommunale Frauenzentrum in der Region Hannover seit zwölf Jahren. Sie erleben täglich, wie komplex und belastend die Situationen für betroffene Frauen sind.

„Ein Großteil unserer Klientinnen kommt wegen häuslicher Gewalt oder Beziehungskonflikten zu uns“, berichtet Weber. „2024 haben wir 60 Fälle von Gewalt und 62 Trennungsbegleitungen dokumentiert. In diesem Jahr verzeichnen wir bisher 54 Gewalt- und 57 Trennungsfälle.“

Auch psychische Traumata sind Teil der Beratungsarbeit: 16 Frauen suchten 2024 aufgrund traumatischer Erfahrungen Hilfe, 2025 sind es bisher neun. Die Beraterinnen weisen darauf hin, dass die Dunkelziffer vermutlich deutlich höher liegt. „Viele Frauen sprechen erst nach mehreren Gesprächen über erlebte Gewalt oder Missbrauch“, so Janisch.

Die Polizeistatistik des Kommissariats Ronnenberg bestätigt den Handlungsbedarf: Mit 258 gemeldeten Fällen häuslicher Gewalt lag das Jahr 2024 über dem langjährigen Durchschnitt von 221 Fällen. Landesweit wurden im vergangenen Jahr 32.545 Fälle registriert – ein Anstieg um 8,94 Prozent. Dabei geht die Polizei nicht nur von einer gestiegenen Sensibilisierung in der Bevölkerung aus, sondern auch davon, dass die tatsächlichen Fallzahlen weiter zunehmen.

Besorgniserregend ist zudem die hohe Zahl mitbetroffener Kinder. Laut der Beratungs- und Interventionsstellen (BISS) in der Region Hannover waren in diesem Jahr 5296 Kinder von häuslicher Gewalt mitbetroffen. Insgesamt wurden 6795 Fälle registriert, davon 2367 im Umland. Erfreulich ist für die beiden Leiterinnen, dass die politische Aufmerksamkeit für das Thema steigt. Im Februar wurde das neue Gewalthilfegesetz vom Bundesfrauenministerium verkündet. Es stellt die Weichen für ein flächendeckendes und verbindliches Hilfesystem bei häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt. „Das ist ein großer Meilenstein“, erklärt Janisch. Zum ersten Mal gebe es eine gesetzliche Grundlage, die ein Recht auf Schutz und Beratung verankere – unabhängig davon, ob die Frau Anzeige erstatte.

Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass ab 2032 ein Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für betroffene Frauen und ihre Kinder besteht. Bereits ab 2027 sind die Länder verpflichtet, ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Netz an Schutz- und Beratungsangeboten bereitzustellen. „Wir begrüßen besonders, dass künftig Mindeststandards für Schutzräume und Beratungsstellen gelten und diese Angebote für die Betroffenen kostenfrei sein werden“, so Weber. Damit werde ihre Arbeit nicht nur rechtlich besser abgesichert, sondern auch strukturell gestärkt.

Bis zur vollständigen Umsetzung des Gesetzes bleiben jedoch Herausforderungen bestehen – etwa bei der Finanzierung und der Zahl an verfügbaren Plätzen in Frauenhäusern. Derzeit gibt es fünf Frauenhäuser in der Region Hannover. Das Frauenhaus 24 in der Landeshauptstadt fungiert als zentrale Erstanlaufstelle, doch es herrscht weiterhin Mangel an freien Plätzen. „Jede Frau, die Hilfe sucht, sollte sie auch sofort bekommen können – das ist aktuell leider nicht immer gewährleistet“, kritisiert Janisch.

Ein wichtiger Baustein in der regionalen Zusammenarbeit ist der Runde Tisch gegen häusliche Gewalt, an dem Akteurinnen und Akteure aus Ronnenberg, Gehrden und Wennigsen teilnehmen. Zweimal im Jahr findet ein Austausch statt. „Diese Vernetzung ist entscheidend, um im Ernstfall schnell und abgestimmt handeln zu können“, sagt Weber. „Wir sprechen hier über lebensbedrohliche Situationen – da zählt jede Minute.“

Noch etwas ist beiden wichtig: „Gewalt kennt keine Herkunft, kein Alter, keinen Bildungsstand“, so Janisch und Weber. Ihr Ziel ist es, jeder Frau, die sich ihnen anvertraut, mit Respekt, Fachlichkenntnis und Empathie zu begegnen und ihr konkrete Wege aus der Gewalt aufzuzeigen. „Wir garantieren absolute Verschwiegenheit, kein Wort dringt nach draußen“, betonen sie mit Nachdruck.

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