Politischer Plan zum Fachwerkhaus am Thie:
Keine Gastronomie, kein Dachausbau
In einer kontroversen Sitzung fasst die Politik einen Grundsatzbeschluss, wie es mit der Innenstadt weitergehen soll.
Insgesamt geht es um sieben Innenstadtflächen – endgültig entscheidet der Rat am 13. November.

Historisch, wenn auch nicht denkmalgeschützt: Das markante Fachwerkhaus am Thie ist fast 200 Jahre alt.Foto: Jennifer Krebs
Barsinghausen. Eine Vorentscheidung ist gefallen: In einer gemeinsamen Sondersitzung haben der Bauausschuss und der Planungsausschuss der Stadt Barsinghausen mehrheitlich einen Grundsatzbeschluss für die weitere Entwicklung der Barsinghäuser Innenstadt gefasst – und damit auch eine Empfehlung abgegeben, was mit dem Fachwerkhaus am Thie passieren soll.

SPD und Grüne wollen das Fachwerkhaus an der Marktstraße 18 für aktuell kalkulierte knapp 1,7 Millionen Euro sanieren, mit öffentlicher Toilette, aber ohne Dachausbau. In erster Linie soll das Tourismusbüro in dem Haus unterkommen. Es sollen aber auch Flächen entstehen für Ausstellungsmöglichkeiten sowie für Vereine und Beratungsstellen wie Freiwilligenzentrum und Seniorenbüro. Eine weitere Bürgerbeteiligung und auch Nachbesserungen am Konzept wurden abgelehnt.

Baudezernatsleiter Tobias Fischer hatte im Ausschuss anfangs betont, dass es aus Sicht der Stadtentwicklung gut wäre, einen gemeinschaftlichen, einheitlichen Leitfaden für die City zu finden. Ziel sei eine lebendige, attraktive Innenstadt. In ihrer Beschlussvorlage hat die Verwaltung insgesamt sieben Innenstadtbereiche definiert. Über das Fachwerkhaus am Thie wurde kontrovers diskutiert.

Kerstin Wölki von der FDP bedankte sich zwar bei der Verwaltung für das erstellte Gesamtkonzept für die Innenstadt („Hier sind wir jetzt auf einem guten Weg“). Sie hätte sich aber gewünscht, dass man sich noch nicht so sehr im Detail festlegt und keine politische Mehrheit durchsetzt, „die uns dann wieder blockiert“. Auch bei den Bürgern höre man die Unsicherheit heraus, die in der ganzen Planung noch drinstecke.

Angesichtes sanierungsbedürftiger Grundschulen und fehlenden Räume dort kritisierte Kerstin Beckmann von Aktiv für Barsinghausen (AFB-WG), dass nun Millionen in das Fachwerkhaus am Thie gesteckt werden sollen. Sie bezweifelte zudem, dass „wir damit die Stärkung der Innenstadt hinkriegen, die wir uns alle wünschen“. Die Verwaltung hatte Zahlen parat. Demnach hat das Tourismusbüro etwa 250 Besucher im Monat. „Damit erreichen wir doch keine Stärkung des Thies. Da ist viel Wunschdenken dabei“, sagte Beckmann.

Der Wunsch der CDU nach Gastronomie im Fachwerkhaus am Thie wurde abgeblockt, unter anderem weil es dann keine Fördergelder geben würde. Mit der Idee einer Markthalle habe sich aber auch ihre Fraktion intensiv beschäftigt, betonte derweil Susanne Lorch von der SPD. Aber: „Es ist relativ unwahrscheinlich, dass man dafür Pächter bekommt.“

„Die Marktstraße 18 hat lange genug darauf gewartet, entwickelt zu werden. Seit Jahren steht das Haus an diesem zentralen Platz leer“, sagte Bärbel Cronau-Kretzschmar von den Grünen. Nun gebe es ein Konzept, das sich die Stadt auch leisten könne. Bis zu 800.000 Euro Fördermittel könnte es für die Sanierung des fast 200 Jahre alten Fachwerkhauses am Thie geben, das die Stadt nach einem knappen rot-grünen Mehrheitsbeschluss vor drei Jahren für 250.000 Euro gekauft hat.

Die letztendliche Entscheidung fällt der Rat in seiner Sitzung am 13. November. Dann sind auch die kleinen Fraktionen wie FDP und AFB-WG stimmberechtigt, die in kommunalen Fachausschüssen kein Stimmrecht besitzen. Am Dienstag durften sie sich deswegen zwar in die Diskussion einbringen, aber kein Votum abgeben.

Das Fachwerkhaus am Thie ist nur eine von insgesamt sieben Flächen in der Innenstadt, die überplant werden sollen. Der Grundsatzbeschluss für die weitere Entwicklung der Barsinghäuser Innenstadt beinhaltet außerdem:

Das Weidengrundstück: Das alte Synagogengrundstück zwischen Volkers Hof und Thie soll als Grünfläche erhalten bleiben und, wie es in der Beschlussvorlage der Verwaltung heißt, „mit gesteigerter Aufenthaltsqualität“ gestaltet werden. Hieraus soll eine grüne Oase entstehen, die gut fürs Stadtklima ist, wo es aber auch Spielmöglichkeiten gibt und man sich gerne aufhält. Die ehemalige Synagoge wird dabei als Ort des Gedenkens besonders gewürdigt. Nicht weiterverfolgt wird das „Radhaus“-Konzept, das vorgesehen hatte, dort eine multifunktionale Mobilitätsstation unter anderem mit Abstellboxen für Fahrräder hinzubauen.Glockenstraße: Auf dem ehemaligen Spielplatzgelände zwischen Altenhofstraße und Glockenstraße sollen Tische, Bänke und Unterstände hin, aber auch Fitnessgeräte für ältere Menschen. Der Vorschlag kommt vom Seniorenrat, der sich dort einen kleinen Park vorstellt. Die rund 350 Quadratmeter große Fläche, die nun schon seit geraumer Zeit brach liegt, gehört der Stadt. Nächster Schritt ist es nun, dass die Verwaltung gemeinsam mit dem Seniorenrat einen Entwurf zur Umgestaltung erarbeitet. Der Baumbestand soll erhalten bleiben.Parkplatz Volkers Hof: Die städtischen Parkplätze an Volkers Hof sollen dauerhaft erhalten bleiben. Das heißt: Der Bau eines großen Supermarkts scheint dort vom Tisch. Jahrelang wurde dieses Entwicklungsprojekt für die Innenstadt diskutiert, ohne dass es erkennbare Fortschritte gab. Vor allem die Eigentümergemeinschaften von Gebäudekomplexen an der Marktstraße, denen Teile des Parkplatzareals gehören, hatten das Vorhaben ausgebremst. Nun braucht die Stadt keine privaten Flächen mehr anzukaufen. Fischer: „Wir würden den Ratsbeschluss eines Vollsortimenters auf Volkers Hof nicht weiter verfolgen wollen, weil es dem heutigen Bedarf nicht mehr entspricht.“ Das ist auch in dem Gutachten des beauftragten Büros CIMA herausgekommen. Kaufland, Penny und Netto seien zu Fuß zu erreichen. Die Empfehlung: Bei aktuell 14 gewerblichen Leerständen in der Innenstadt solle man sich eher auf einen kleineren City-Markt mit 800 Quadratmeter Fläche konzentrieren und damit Leerstand beseitigen, so die Gutachter. Der NP-Markt im City-Center hat im Frühjahr 2016 zugemacht.Grüne Achse: Der Sperrvermerk im Haushalt zur grünen Achse durch die Innenstadt wird aufgehoben und damit 10.000 Euro freigegeben. Durch die Innenstadt ziehe sich bereits ein grünes Band vom Deister über den Ziegenteich, der gerade neu gestaltet wird, entlang des Rathauses über den Mont-Saint-Aignan-Platz vor der Kirche und durch die Fußgängerzone bis hin zum Parkplatz Volkers Hof. „Mit den Platanen in der Stadt haben wir schon viel Grün. Hier wollen wir nun ergänzen“, so Fischer.Wiese neben dem Parkplatz Volkers Hof: Um einen realisierbaren Entwurf zu erhalten für das städtische Wiesengrundstück neben dem Parkplatz am Volkers Hof, soll ein Realisierungswettbewerb durchgeführt werden. Dabei sollen die Nutzungsoptionen möglichst nicht eingeschränkt werden, denkbar seien Einzelhandel, Büroflächen, Arztpraxen oder auch Wohnungen.Grundstücksareal bei der Stadtsparkasse: Die Stadtsparkasse (SSK) als Eigentümerin der Grundstücke Deisterstraße 1a bis Marktstraße 4 ist bereit, diese in die städtebauliche Entwicklung der Fußgängerzone einzubringen. Da die Stadtsparkasse selbst nur ein Teilareal für sich benötigt, soll die Verwaltung Möglichkeiten zur Optimierung des Eingangsbereichs in die Fußgängerzone ausloten. Die öffentlichen Stellplätze sollen auch hier erhalten bleiben.
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