Mit Flinteund Falke gegen die Krähenplage
Hegering schießt Rabenkrähen, Falknerin setzt auf Vergrämung –die auch der Nabu bevorzugt

Erfolgreich: Hätte das Wanderfalkenweib menschliche Eigenschaften, würde man in seinen Augen wohl so etwas wie Stolz über die geglückte Jagd lesen. Foto: privat
Barsinghausen. Rabenvögel sind fast unbemerkt zu einem Problem geworden. In der Vergangenheit konnte vor allem die Population der Rabenkrähe fast unbemerkt anwachsen, was sich negativ auf andere Tierarten auswirkt. Wie kam es dazu und welche weiteren Maßnahmen wurden ergriffen?

„Das Problem sind wir: Durch Mülldeponien haben wir die Population explodieren lassen“, macht Hegeringleiter Wolfram Klöber deutlich. Inzwischen würden Schwärme von bis zu 500 Tieren ein Feld wie eine Plage heimsuchen. „Danach ist da keine Maus mehr, kein Lurch, kein Frosch“, so Klöber. Wer sich selbst ein Bild machen wolle, könne beobachten, wie sie in der Dämmerung als großer Schwarm von den Feldern über die Barsinghäuser Stadt zu ihren Schlafbäumen flögen.

Krähen sind sogenannte Prädatoren, was bedeutet, dass sie andere Lebewesen jagen und fressen. Ihr Nahrungsspektrum beinhaltet Mäuse ebenso wie Frösche, Lurche, Kaninchen, junge Hasen, aber auch Vogeleier, Küken, Aas und die Saat auf den Feldern. Die intelligenten Tiere hätten außerdem die Kröten- und Frosch-Sammelstellen des NABUs für sich entdeckt, so der Hegeringleiter.

Bereits vor einigen Wochen veranstalteten Jäger in Barsinghausen einen sogenannten Gemeinschaftsansitz, um Jagd auf Rabenkrähen zu machen. Dabei hätten die Jäger der 16 Barsinghäuser Reviere die rund dreißig Jungjäger zur gemeinsamen Jagd eingeladen. „Damit möchten wir erreichen, dass sich mehr Jäger an der Krähenjagd beteiligen, weil ihre Population so irre wächst“, erklärte Klöber. Da Krähen für die Jäger nicht verwertbar seien, sei die Jagd wenig attraktiv und koste zudem Munition. Diese müsse aus eigener Tasche bezahlt werden.

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„Die Vögel sind extrem schlau, es ist eine sehr anspruchsvolle Jagd“, erläuterte er. Sie seien beispielsweise so intelligent, dass sie das Auto des Jägers erkennen würden und man deshalb nicht in der Nähe parken könne. Die Zahl der benötigten Krähenabschüsse, um eine spürbare Entspannung herbeizuführen, bezifferte Klöber mit mehreren Hundert Tieren. Nach dem Anstoß im August seien die Reviere nun angehalten, bis zum Ende der Jagdsaison am 20. Februar weiterzumachen.

Hilfe bekommt die Barsinghäuser Jägerschaft von Falknerin Anke Bormann. Unabhängig von den Jägern pendelt sie zwischen rund sechzig Revieren. Immer dabei: Ihr Wanderfalkenweib Shanna. Nur die weiblichen Falken seien stark genug, um es mit einer Rabenkrähe aufzunehmen. Die um ein Drittel kleineren Männchen, die als „Terzel“ bezeichnet würden, was ein Drittel bedeute, seien zur Krähenjagd hingegen weniger geeignet, erläuterte sie.

Der Zeitaufwand für das Training sei enorm, so Bormann. Sechs bis sieben Mal pro Woche sucht sie für Shanna geeignete „Chancen“ für die Krähenjagd. „Es muss für den Vogel ungefährlich sein und Aussicht auf Erfolg haben“, betonte sie. Sie achte beispielsweise darauf, dass keine schreckhaften Pferde in der Nähe seien, keine Straßenbäume, Bahnstrecken oder Maschendrahtzäune.

Rund um Barsinghausen gebe es ideale Gebiete mit weiten Flächen, auf denen kleinere Büsche und Bäume vorhanden seien. „Dorthin fliegen die Krähen“, beschrieb Bormann den Vorgang. Die Falknerin sorge dann mit Lärm, den sie meistens mit einer Ratsche mache, dafür, dass die Krähen aufflögen. Das sei der große Moment für ihr Wanderfalkenweib Shanna, die sich mit kräftigen, schnellen Flügelschlägen an die nur wenige Minuten dauernde Verfolgungsjagd mache. Ein Jagdflug verschlinge viel Energie. „Der Vogel muss topfit sein und über eine volle Muskulatur verfügen“, so die Falknerin. Wenn er bei der Jagd keinen Erfolg habe, zu dick, zu dünn oder nicht kräftig genug sei, sei er schwer zu motivieren.

Nach einer Untersuchung auf Krankheiten wie beispielsweise die in der Vogelwelt verbreitete Tuberkulose bekomme Shanna die erlegte Krähe zu fressen. „Wir verwerten alles. Sie frisst ungefähr eine halbe Krähe pro Tag“, so Bormann. Der Rest würde samt Federn und Knochen eingefroren und für die Zeit der Mauser, für die jagdfreien Tage und die Zeit außerhalb der Jagdsaison aufbewahrt.

Die Falknerin weiß, dass ihre Arbeit dem Bestand der Rabenkrähen nicht viel anhaben kann. Sie setzt vielmehr auf den nachweislichen sogenannten Vergrämungseffekt. Diese Methode der Störung oder Abschreckung führe dazu, dass die Rabenkrähen Gebiete bei häufigem Falkenkontakt nicht mehr ansteuerten.

Der Naturschutzbund Barsinghausen ist nach Angaben der Vorsitzenden Elke Steinhoff gegen den Abschuss. „Die Natur reguliert viele Dinge selbst“, sagt sie. Ihr sei durchaus klar, dass die Krähen vor allem wegen des Lärms und der Verschmutzung zu den Problemvögeln gehören würden. Sie bevorzuge dennoch das Vergrämen. „Das ist in jedem Fall die tier- und umweltfreundlichere Methode“, sagt Steinhoff.

Sie betont aber auch, dass sie sich nicht gegen den Abschuss des Hegerings stemmen würde. Grundsätzlich gebe es einen sehr guten Austausch zwischen Nabu und Hegering. „Das Vergrämen ist nur eben die bessere Lösung.“

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