Verlorene Handysund eine entlaufene Schildkröte
Im Fundbüro Wennigsen taucht nicht alles, aber doch vieles wieder auf, was verloren gegangen ist.

Mit verlorenem Stofflama und Fundbuch: Daniel Stein koordiniert das Fundbüro im Bürgerbüro des Rathauses.Foto: Thore Kessal
Wennigsen. In der einen Hand hält Daniel Stein ein kleines Schwarz-Weiß-Foto, in der anderen Hand ein flauschiges Stofflama. Die Gegenstände gehören nicht ihm. Als Leiter des Wennigser Fundbüros verwahrt er sie lediglich, in der Hoffnung, dass die tatsächlichen Besitzer bald auftauchen, um sie abzuholen. Das gilt nicht nur für das Foto und das Stofflama, sondern auch für viele andere Gegenstände, die im Fundkeller des Rathauses landen. „Hauptsächlich haben wir Fahrräder, Schlüssel und Brillen“, sagt Stein.

„Fahrräder stehen oft herrenlos in Wennigsen rum. Entweder sind es Passanten oder aber Anwohner, die uns darauf aufmerksam machen“, erklärt er. Um verlorene Gegenstände kümmere sich der Bauhof, der sie ins Fundbüro bringt. Das sei in diesem Jahr schon bei 65 Sachen der Fall gewesen.

In seinem Büro trägt Stein dann alles in das Fundbuch ein. Früher sei das noch ein richtiges Buch gewesen, sagt er. Inzwischen laufe längst alles digital. Einfach sei es bei verloren gegangenen Sachen, die sich orten lassen. Also etwa Handys oder Schlüssel mit GPS-Tracker. Sei die Adresse der Besitzer bekannt, gebe er ihnen dann auch sofort Bescheid, sagt Stein. Grundsätzlich gelte: „Je länger die Sachen hier liegen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie noch abgeholt werden.“

Der Leiter des Wennigser Fundbüros findet einiges mitunter komisch. „Es ist ganz paradox“, sagt er. „Oft fragen die Leute, ob ihre verloren gegangenen Sachen im Fundbüro gelandet sind. Und wir haben hier auch wirklich viele Fundsachen. Aber oft ausgerechnet nicht die, nach denen gefragt wird.“ Stein vermutet, dass viele Menschen, die etwas vermeintlich Verlorengegangenes finden, nicht sofort ans Fundbüro denken, um die Dinge dort abzugeben.

Grundsätzlich gilt: Wer etwas findet, muss es melden und abgeben. Es sei denn, der Wert beträgt nicht mehr als 10 Euro (sogenannte Bagatellfunde). Diese Wertgrenze gilt aber nur, wenn der Eigentümer oder die Eigentümerin nicht bekannt ist.

Das Fundbüro nimmt dann eine Fundanzeige auf. Darin werden Fundsache, Fundort und Fundzeit sowie die Personalien des Finders festgehalten, da man unter Umständen später Anspruch auf Finderlohn hat – oder auf den Fund selbst, falls sich nach Fristablauf kein Besitzer feststellen lässt.

Viermal im Jahr gibt es Bekanntmachungen über den aktuellen Fundsachenbestand, die auf der Homepage der Gemeinde Wennigsen einsehbar sind. „Danach gibt es eine gesetzliche Frist von sechs Monaten“, erklärt Stein. „Wenn die Sachen bis dahin dann nicht abgeholt werden, stehen sie frei zur Verfügung.“

Das heißt: Nach sechs Monaten, wenn sich der Eigentümer nicht gemeldet hat und der Fund ordnungsgemäß gemeldet wurde, geht das Eigentum an der Sache an den Finder über. Holt auch der Finder dann den Gegenstand nicht ab, wird dieser versteigert und das eingenommene Geld gespendet. „Was nie abgeholt wird, sind Brillen. Die Leute sagen sich wahrscheinlich: Ich wollte eh eine neue Brille kaufen“, so Stein schmunzelnd.

Ausgebüxte Haustiere hingegen dürften für viele Menschen schwerer zu ersetzen sein. Auch sie finden den Weg ins Fundbüro – meist durch Passanten, welche die Tiere einfangen, oder durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes. „Neulich hatten wir eine Schildkröte hier“, erzählt Stein. Auch Hunde, Kanarienvögel und ausgesetzte Katzenbabys seien schon abgegeben worden. Landet ein Tier im Fundbüro, wird das sofort bekannt gemacht. „Das klappt in der Regel, und die Besitzer melden sich meist umgehend.“ Andernfalls kämen die Tiere nach einigen Tagen ins Tierheim. Die Schildkröte habe es übrigens zurück nach Hause geschafft, wie auch viele Haustiere zuvor. „Die Leute hängen mehr an einem Tier als an einer Brille“, sagt Stein.

Dass Fundsachen in die falschen Hände geraten und nicht an die eigentliche Besitzerin oder eigentlichen Besitzer ausgegeben wurden, sei noch nie passiert. „In der Regel haben alle Fundsachen etwas Besonderes“, sagt Stein. Das gilt beispielsweise für Schlüssel mit einem bunten Anhänger. In den Bekanntmachungen würden die Gegenstände deswegen bewusst nur äußerst grob beschrieben. Aus dem gleichen Grund ist auch der Fundkeller im Rathaus für Außenstehende tabu, sie kommen dort nicht hinein. „Leute, die etwas verloren haben, können ihre Sachen klar benennen. Wir achten sehr darauf. Wenn Zweifel vorliegen, geben wir die Sachen nicht raus“, sagt Stein.

Was ist eigentlich der kurioseste Fund, den es im Wennigser Fundbüro zuletzt gab? „Man hat uns eine Schubkarre mit Benzin und Zement zukommen lassen“, erzählt Stein und muss dabei lachen. Abgeholt wurde sie bislang nicht. „Vielleicht meldet sich ja noch wer“, sagt Stein.

Das Fundbüro in Wennigsen ist per E-Mail an buergerbuero@wennigsen.de zu erreichen.

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