„Wir sind auf Segelbooten, seit wir laufen können. Unsere Großeltern haben ein Boot auf der Ostsee. Das Segeln haben wir früh gelernt. Mit 16 Jahren haben wir auch einen Segelschein gemacht“, berichtet Leon Rath. Er und sein Zwillingsbruder Jasper sind 27 Jahre alt, Max ist 25. Zu dritt träumten sie schon lange von einem eigenen Boot und einer gemeinsamen Fahrt über den Atlantik – und plötzlich bot sich die Möglichkeit. „Es war unglaublich: Am 16. Juni 2024 haben wir auf das Boot geboten, am 25. August waren wir schon in New York zur Übergabe. Denn dort hatten die Youtuber ihre Reise beendet“, erzählt Leon Rath.
Gekauft haben die Brüder das 40 Jahre alte Boot mit dem Namen „Aber auch gut“ für 29.000 Euro von ihrem Ersparten. Ein Jahr lang wollten sie sich Zeit nehmen, um zu reisen. Dafür kündigte Leon seinen Job als Sanitär- und Heizungsinstallateur in der Schweiz, Max pausierte sein Jura-Studium und Mechatroniker Jasper meldete ein Sabbatical an. Ihre Eltern seien überrascht gewesen von den Plänen, hätten ihre Söhne aber in ihrem Vorhaben unterstützt.
Und so ging es in die USA. „In New York waren wir erstmal überglücklich, dass das alles wirklich geklappt hat. Wir sind dann mit einem Taxi zum Anleger gefahren und waren einfach nur beeindruckt, unser eigenes Boot zu sehen“, sagt Leon Rath. Dann hätten sie die ersten Reisepläne gemacht. Um die Hurrikansaison abzuwarten, seien sie zunächst die Hamptons entlanggesegelt und hätten sich nach vier Wochen Richtung Süden aufgemacht. „Wir sind einmal quer durch Manhattan und haben dann direkt vor der Freiheitsstatue geankert. Das war ziemlich cool“, erinnert sich der 27-Jährige.
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Brüder schon die erste brenzlige Situation hinter sich. „Wir sind vor Atlantik City in eine Fischerboje gefahren und hingen dort die ganze Nacht fest. Das Boot konnte sich nicht mehr bewegen. Das hat uns schon Sorgen gemacht“, sagt Max Rath. Am nächsten Tag habe der Wind gedreht, sodass sie freigekommen seien. Man müsse sich erst an ein Boot gewöhnen und dann darauf vertrauen können, ergänzt Leon.
Vertrauen spielte auch im Miteinander der Brüder eine große Rolle. Es gehe beim Segeln darum, welche Winde wehten, wie viele Segel man setze und wie die Segelfläche einzuschätzen sei, dabei müsse man den anderen an Bord komplett vertrauen.
Weiter ging es dann über die Bahamas bis nach Puerto Rico. Für die Brüder ein besonderes Erlebnis. „Bis zur Dominikanischen Republik sind unzählige Buckelwale mit uns geschwommen. Dort wimmelt es nur so von den Tieren. Wir waren genau zum richtigen Zeitpunkt dort“, sagt Leon Rath und strahlt. Auch die Bahamas haben die jungen Männer nachhaltig beeindruckt. „Dort kann man zu Inseln segeln, auf denen sich keine Touristen aufhalten. Das war das Tolle an unserer Reise, dass wir abgelegene Orte der Welt gesehen haben, wo nur Segler hinkommen.“
Wieder auf dem Wasser, habe Jasper plötzlich über Magenschmerzen geklagt, erzählen seine Brüder. „Es war eine richtig unruhige, stürmische See und ihm ging es wirklich schlecht. Wir hatten Panik, dass es der Blinddarm sein könnte und das nächste Krankenhaus lag eineinhalb Tage entfernt. Uns war klar, wir müssen trotz des Wetters jetzt alles aus dem Boot rausholen, alle Segel hochziehen und den Motor anwerfen“, erzählt Max Rath. Eine brenzlige Situation, denn bei starkem Wind und unter vollen Segeln besteht die Gefahr eines Mastbruchs. Nach „24 Horrorstunden“ sei es Jasper aber wieder besser gegangen. „Wir waren dann auf den Britischen Jungferninseln, es hat sich alles als harmlos herausgestellt.“
Zu diesem Zeitpunkt stand dem Trio sein größtes Abenteuer aber noch bevor: die Fahrt über den Atlantik bis nach Europa. Ohne Wettervorhersagen ging es für die Gehrdener 1000 Kilometer über den Ozean. „Da ist dann weit und breit nichts als Wasser. Und dann kamen wir mitten in einen Sturm, der tagelang anhielt. Man bekommt viel zu wenig Schlaf und alles ist nass“, erzählt Max Rath. Dann sei auch noch der Wasserkocher kaputtgegangen. „Wir hatten fast nur Nudeln und Linsen als Proviant. Also haben wir von Konserven gelebt und hatten ein krasses Kaloriendefizit. Das hat nochmal mehr an uns gezehrt.“ 33 Tage lang segelten sie bis zu den Azoren, weitere 14 bis in die Bretagne. Vorletzte Woche erreichten die Brüder durch den Nordostseekanal ihren Heimathafen. Bis dahin ist einiges über Bord gegangen: unter anderem zwölf Hüte und Mützen und eine Suppenkelle. „Wir haben dann aus einer Kokosnuss und einem Bügel eine neue gebaut”, sagt Max lachend.
Zu Hause in Gehrden müssen die drei ihre Erlebnisse erst einmal sacken lassen. Sie ziehen wichtige Erkenntnisse aus ihrer Reise. „Dass wir wirklich in der Lage sind, über den Atlantik zu segeln. Und dass nie alles perfekt laufen kann, weil es immer Situationen gibt, die man nicht eingeplant hat“, sagt Max, und Leon ergänzt: „Wir sind jetzt erfahren und selbstbewusster. Ich bin jetzt eine andere Person als vorher.“
Max Rath nimmt sein Studium wieder auf. Bruder Jasper ist zurück in seinem Job. Leon bewirbt sich für eine neue Anstellung. Spätestens nächsten Sommer wollen die drei aber wieder lossegeln. Bis dahin werden sie die „Aber auch gut“ auf Fehmarn renovieren – und neue Reisepläne schmieden.