Aus „persönlichen Gründen“ gibt sich die Frau nur als „Oma Sigrun“ zu erkennen, anstatt ihren vollen Namen zu nennen. Bedroht fühle sich die Gruppe aber nicht, versichert eine Mitstreiterin. Eine weitere Seniorin wird später aber als „Oma Fenja“ auch von Rangeleien in Barsinghausen erzählen.
Um über das Ausmaß menschenverachtender Gesinnung im Stadtgebiet zu berichten, sind einige Frauen aus der Gruppe Omas gegen Rechts in ein Café am Rand der Kernstadt gekommen. Sie wollen auch für ihre Werte werben – und über neue Aktionen informieren, um noch mehr Menschen für ein respektvolles Miteinander zu gewinnen.
Fast vier Jahre ist es her, dass sich in Barsinghausen eine Gruppe des bundesweiten Bündnisses gegründet hat. Nach dem ersten Treffen von „acht Omas“ im Stadtteiltreff an der Goethestraße sei die Gruppe schnell gewachsen, erzählt „Oma Jutta“. Zu der lokalen Einheit zählen auch Mitglieder aus Gehrden und Wennigsen.
An jedem zweiten Donnerstag im Monat kommen die Frauen von 16 bis 18 Uhr im Stadtteiltreffen zusammen, um neue Aktionen zu besprechen. „Wir sind rund 20 Aktive, aber in unserem E-Mailverteiler befinden sich mehr als 100 Adressen“, berichtet Jutta.
Der Begriff „Omas“ spiegelt nicht unbedingt das Durchschnittsalter der Aktivistinnen wider. „Wir sind Mitglieder im Alter von 45 bis 85 Jahren“, sagt Jutta. Zwar gebe es eine altersbedingte Fluktuation. Trotzdem nehme die Unterstützung zu: „Auch in kleineren Orten gibt es schon Gruppen.“
Die Omas betonen: Es fehle nicht an Zuspruch. Aber: „Es ist wichtig, mehr Menschen zu gewinnen, die sich in der Bewegung zu unserer Haltung bekennen“, sagt Oma Kristine.
Auf einen grundsätzlichen Punkt verweist die Gruppe in einem Positionspapier: „Niemand darf wegen des Geschlechts, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, des Glaubens, religiöser oder politischer Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“, wird dort aus dem Grundgesetz zitiert.
Oma Eva formuliert es mit eigenen Worten: „Es geht uns um einen respektvollen Umgang miteinander – und zwar so, wie ein Mensch gebacken oder gestrickt ist.“ Der Ausruf „Ausländer raus“ sei nicht nur menschenverachtend. „Wenn alle Menschen mit Migrationshintergrund gehen müssten, hätten wir kaum noch Ärzte und Pfleger“, beschreibt Oma Sigrun auch mögliche Folgen.
Mit ihren Aktionen haben die Frauen aus Barsinghausen auch in diesem Jahr schon viel bewegt: Im Februar – kurz vor der Bundestagswahl – hätten sich an einem Aktionstag zur Stärkung der Demokratie auch in Barsinghausen Hunderte an einer Menschenkette beteiligt, berichtet Kristine.
Auf dem Weg zu ihrer Aktion erlebten die Omas aber Erschreckendes: Von Personen an einem Wahlkampfstand „einer als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuften Partei“ seien sie mit übelsten Kommentaren überzogen worden, berichtet Sigrun. Oma Jutta wiederum weiß von rechten Einstellungen unter Jugendlichen in Barsinghäuser Schulen. „Offenbar wissen viele Lehrkräfte nicht, wie sie damit umgehen sollen“, sagt sie.
Ein weiteres Beispiel für rechte Hetze in Barsinghausen: Nach einer kürzlich in Medien veröffentlichten Stellungnahme der Omas seien in sozialen Medien rund 30 verachtende Kommentare abgegeben worden. Besonders ärgerlich seien Unterstellungen, die Initiative werde von politischen Parteien als Instrument bezahlt. „Wir finanzieren unsere Flyer und Banner selbst und mit Spenden“, sagt Kristine empört.
Das Bündnis engagiert sich nicht nur für eine bunte Kulturlandschaft und die Demokratie. Die Omas setzen sich auch für den Umweltschutz ein – und gegen eine Verleugnung des Klimawandels. Außerdem zählen der Schutz der Informations- und Pressefreiheit zu ihren Grundlagen.
Oma Fenja erinnert sich an einen Zwischenfall während der Corona-Pandemie: In einem kleinen Barsinghäuser Ort seien damals Verschwörungstheoretiker mit Andersdenkenden über den Sinn von Schutzimpfungen in Streit geraten. „Da kam es sogar zu einer handfesten Rangelei“, erzählt sie.
Das Hauptziel der Omas gegen Rechts bleibe „ein friedliches Zusammenleben aller Menschen“, sind sie sich einig. Dafür will sich die Initiative mit weiteren Auftritten in Barsinghausen einsetzen. „Beim Stadtteilfest am 19. September in der international geprägten Nordstadt“, berichtet Jutta. Für den 25. September planen die Aktivistinnen anlässlich der interkulturellen Woche einen Auftritt in der Fußgängerzone.
Weitere Informationen sind auf der Internetseite www.omasgegenrechts-nord.de zu finden.