„Todesurteil“ für
die Eiche ist vom Tisch
Der 150 Jahre alte Baum an
der zentralen Kreuzung in Benthe wird nun doch nicht gefällt

Nicht mehr schön, aber beliebt: Die Krone der Friedenseiche in Benthe ist sehr licht geworden.Foto: Uwe Kranz
Benthe. Den Begriff hat Ulrich Schmersow geprägt: Ein „Todesurteil“ sei über die 150 Jahre alte Eiche in der Ortsmitte von Benthe verhängt worden, hatte das Ortsratsmitglied der Grünen erklärt. Wenn man den Auftrag zur Fällung eines Baumes so bezeichnen will, dann ist dieses Urteil jetzt vom Tisch. Nach einem weiteren Gutachten haben die örtlichen Politiker beschlossen, dass die Eiche noch mindestens zehn Jahre stehenbleiben darf. Es war immerhin die zwölfte Diskussion zu diesem Thema.

Los ging die Debatte mit Kanalisationsarbeiten im Jahr 2018. Die Stadt Ronnenberg hatte diese für die Straßen Am Steinweg und die Vogelsangstraße, auf deren Kreuzung die Eiche in einer sehr kleinen Baumscheibe steht, in Auftrag gegeben. Die Salinenstraße folgte. Dabei wurden die Wurzeln des Baumes stark beschädigt. In der Folge fürchteten die Verantwortlichen, dass die Eiche ihre Standsicherheit verlieren würde und ließen die Äste in der Krone deutlich zurückschneiden, um den Winddruck zu verringern. 2024 entdeckte Gutachter Carsten Venzke dann einen Pilzbefall. Danach war erstmals vom „Todesurteil“ die Rede.

Die Wende für die Eiche kam im Frühjahr 2025, als Schmersow mit Clemens Heidger erstmals einen weiteren Gutachter zu einer Ortsratssitzung einlud. Die meisten Politiker waren zu diesem Zeitpunkt schon bereit, den Baum aus Kostengründen fällen zu lassen. Heidger schlug jedoch vor, die Wurzeln der Eiche noch einmal zu begutachten und erst danach ein endgültiges Urteil über den Zustand des Baumes zu verkünden. Dieses erneute Gutachten liegt jetzt vor. Finanziert hatte es eine Gruppe von Bürgern, die sich für den Erhalt des Baumes einsetzt. Das Ergebnis der Expertise laut Heidger: „Der Baum ist lebensfähig.“ An die Verantwortlichen gerichtet, sagte er: „Wenn Sie das wollen, kriegen Sie einen intakten Baum. Aber das kostet Geld.“ Die bestmögliche Fürsorge, die der Eiche noch eine geschätzte Lebensdauer von 50 bis 100 Jahren ermöglichen könnte, würde sich demnach auf rund 107.000 Euro summieren.

Unterdessen wurde bekannt, dass die Eiche offenbar 1871 als sogenannte Friedenseiche nach Ende des Deutsch-Französischen Krieges gepflanzt worden war. „Wir würden den Baum alle gern erhalten“, wie Ortsbürgermeister Henning Bitter (CDU) betonte. Doch hohe Kosten für die Stadtkasse wolle der Ortsrat vermeiden. Außerdem stelle sich die Frage der Verkehrssicherheit des Baumes. Die Verantwortung, dass niemandem etwas passiert, trage die Verwaltung in Empelde.

Doch auch einer Sparvariante bei der Baumpflege räumte Heidger Erfolgsaussichten ein. Mit geringen Eingriffen und der entsprechenden Wässerung und Düngung gebe er dem Baum noch mindestens zehn Jahre, sagte der Gutachter. Dies wolle er auch rechtssicher in seinem Gutachten für die Stadt Ronnenberg vermerken.

Erster Stadtrat Torsten Kölle nannte diesen Aufwand „eine überschaubare Größenordnung“. Er sicherte dem Ortsrat zu, die Verwaltung werde die Bewässerung, die jährliche Baumbeschau und die nötigen Vorarbeiten übernehmen. Die Gruppe der Baumfreunde wiederum solle sich um die notwendige Pilzbehandlung am Stamm kümmern und die Krone von loser Borke befreien. Jährlich von Heidger erstellte, aktuelle Gutachten sollen zudem darüber Auskunft geben, ob weitere Maßnahmen erforderlich werden – oder der Baum doch noch gefällt werden muss.

Diesem Kompromiss stimmte der Ortsrat einhellig zu. Nach dem Beschluss spendeten die in der Sitzung zahlreich anwesenden Bürgerinnen und Bürger dem Plenum Applaus. Unklar blieb, ob dies dem Ergebnis der Abstimmung galt – oder der Tatsache, dass das Thema Eiche nun nach zwölf Diskussionsrunden endlich entschieden ist.

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