Lernen für ein selbstbestimmtes Leben
Die Selma-Lagerlöf-Schule in Empelde ist eine Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung. Zwei Jugendliche aus dem Abschlussjahrgang berichten von ihren beruflichen Perspektiven.

Von der Selma-Lagerlöf-Schule und Förderschulpädagogin Stefanie Dubbert (rechts) gut auf die Zukunft vorbereitet: Adrian (18) und Rebecca (19) aus dem Abschlussjahrgang haben konkrete Pläne für das Leben nach der Schulzeit.Foto: Ingo Rodriguez
Ronnenberg. Es geht um die Zukunft von Kindern und Jugendlichen mit unterschiedlichem Förderbedarf. Die Selma-Lagerlöf-Schule in Empelde fördert die inklusiven Chancen der Mädchen und Jungen nach einem festgestellten Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung.

Die Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung bereitet ihre Schülerinnen und Schüler wie Rebecca und Adrian auf ein möglichst selbstbestimmtes Leben vor. Schulleiterin Sandra Ruppenthal verabschiedete am Freitag wieder mehrere Jugendliche aus dem zwölften Jahrgang mit beruflichen Perspektiven.

Der 18-jährige Adrian aus Empelde verlässt die Förderschule sogar mit der Aussicht auf eine Tätigkeit im ersten Arbeitsmarkt. „Ich kann gut mit Computern umgehen“, sagt der junge Mann. Er habe während seiner Schulzeit auch Rechnen, Schreiben und Lesen gelernt. Die Eingewöhnung an der Schule sei ihm zwar schwergefallen. „Aber als ich ein paar Leute kennengelernt hatte, wurde es leichter“, sagt Adrian.

Die Förderpädagogin Stefanie Dubbert bestätigt dessen Talente: „Adrian kann sehr gut mit dem iPad umgehen.“ Deshalb werde zurzeit für ihn nach einer geeigneten Tätigkeit oder einer „theoriereduzierten Ausbildung“ im Medienbereich gesucht. „Ein Termin beim Arbeitsamt steht kurz bevor“, berichtet die Pädagogin.

„Adrian zählt zu den Leistungsstärksten des Abschlussjahrgangs“, sagt Dubbert. Beim Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft (BNW) habe er schon einen Platz für eine Tätigkeit im Bürobereich sicher gehabt. Es bestehe nur eine Sorge: „Dass er dort möglicherweise unterfordert sein könnte“, sagt die Pädagogin. Deshalb werde nach Alternativen gesucht.

Adrian wohnt bei seinen Eltern in Empelde. Langfristig wolle er aber mit Freunden in eine eigene Wohnung ziehen, berichtet er. „Ich habe in der Schule viel Spaß gehabt“, betont der 18-Jährige.

Förderpädagogin Dubbert berichtet vor der Verabschiedung des Abschlussjahrgangs: Es sei zwar selten, dass von der Förderschule in Empelde der Sprung in den ersten Arbeitsmarkt gelinge. Trotzdem gehe die Tendenz in diesem Jahr gleich zweimal in diese Richtung.

Nach Dubberts Angaben wechseln immer wieder Abgängerinnen und Abgänger in berufsvorbereitende Einrichtungen, mit der Tendenz zu einem gewöhnlichen Job. Es bestehe in Einzelfällen außerdem sogar die Möglichkeit, auf die Marie-Curie-Schule zu wechseln, wenn sich mit dem neuen Förderschwerpunkt Lernen eine Perspektive auf den Hauptschulabschluss biete.

Einen anderen Weg schlägt die 19-jährige Absolventin Rebecca ein: Sie wird ab August für 24 Monate bei der Lebenshilfe Seelze eine Werkstatt für Menschen mit Behinderungen besuchen. „Ich habe dort auch schon einmal ein Praktikum gemacht und aus Holz Schlüsselanhänger hergestellt“, erzählt die junge Frau.

Förderpädagogin Dubbert beschreibt deren Ziel: Im Berufsbildungsbereich (BBB) der Lebenshilfe-Werkstätten bestehe nach einer dreimonatigen Eingewöhnung die Möglichkeit, sich auf verschiedene Arbeitstätigkeiten vorzubereiten.

Dubbert zählt Beispiele für Fachbereiche auf: „Holzverarbeitung, Hauswirtschaft, Büro, Lager und Logistik, Garten, Konfektionierung, niedrigschwellige Montagetätigkeiten.“ Die Maßnahme werde über das Arbeitsamt finanziert. „Nach 24 Monaten ist dann ein Wechsel in den jeweils absolvierten Bereich geplant“, sagt die Förderpädagogin. Oft sei sogar der Bezug von einem kleinen „Obolus“ möglich.

Rebecca wird auch künftig den Weg zur Lebenshilfe Seelze ohne Unterstützung bewältigen – wie bereits den Weg zur Förderschule. „Es wird geübt, selbstständig unterwegs zu sein“, berichtet Pädagogin Dubbert. Es bestehe bei Bedarf aber auch die Möglichkeit einer individuellen Beförderung. Ihren Lebensmittelpunkt wird die 19-Jährige nicht wechseln. „Ich werde weiter bei meinen Eltern wohnen“, sagt sie. Von Pädagogin Dubbert gibt es Lob: Rebecca habe mit viel Eigenmotivation sogar Lesefähigkeiten entwickelt.

Einen ähnlichen beruflichen Werdegang wie Rebecca streben laut Dubbert vier weitere Jungen und Mädchen aus dem Abschlussjahrgang an. In den Caritas-Werkstätten Hannover sollen auch sie durch individuelle Förderung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft integriert werden. Für drei weitere Abgängerinnen und Abgänger seien Aufenthalte in Tagesförderstätten geplant – mit pflegerischer Betreuung und Tagesstrukturen.

Dubbert erläutert die Herausforderung für die Förderkräfte der Selma-Lagerlöf-Schule: Die Lernerfolge seien abhängig vom Schweregrad der geistigen Behinderung. In manchen Fällen sei es erstrebenswert, taktile und motorische Fähigkeiten sowie Sinneswahrnehmungen zu fördern. In anderen Fällen ist ein eigenständiges Leben – oder in einer Wohngruppe – das Ziel. Im Abschlussjahr werde mit diesen Jugendlichen in einer angemieteten Schulwohnung Kleidungswäsche, Kochen und Selbstversorgung geübt.

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