Fahrradgarage steht vor dem Aus
Die Anlage am S-Bahnhof in Lemmie wird trotz zahlreicher Werbeaktionen so gut wie nicht genutzt

Steht meistens völlig leer, der Betriebsvertrag soll gekündigt werden: Die Zukunft der Fahrradgarage am S-Bahnhof in Lemmie ist ungewiss.Foto: Ingo Rodriguez
Lemmie. Es ist ein Projekt gegen Vandalismus und Fahrraddiebstähle. Es ist aber auch eine Initiative, um den Klimaschutz und die Mobilitätswende zu fördern: Nur dreieinhalb Jahre liegt es zurück, dass am S-Bahnhof in Lemmie nach jahrelangen Bemühungen feierlich eine Fahrradgarage eröffnet wurde. Nur: Trotz zahlreicher Werbemaßnahmen wird die Sammelschließanlage von fast niemandem genutzt. Deshalb will der Ortsrat Lemmie der Stadt Gehrden die Kündigung des Betriebsvertrages für die elektronische Sammelschließanlage empfehlen.

Im Ortsrat herrscht Ratlosigkeit. „Es bleibt für uns ein Rätsel, warum das Angebot nicht genutzt wird“, sagt Ulrike Urban (Grüne). Ein Blick in die Fahrradgarage bestätigt auch an diesem Tag: In der gesicherten Box mit online buchbaren Abstellplätzen herrscht nahezu Leerstand. Zwar steht dort ein einzelnes Fahrrad – allerdings hat das einer von drei „Kümmerern“, die die Sammelschließanlage betreuen, dort platziert. „Um den Eindruck zu vermitteln, dass die Garage doch vereinzelt genutzt wird“, räumt Urban ein.

Der Ortsrat will in seiner nächsten Sitzung gemeinsam beschließen, dass der Vertrag mit der Betreiberfirma für die Schließanlage von der Stadt gekündigt werden soll – vor allem, um die jährlichen Gebühren für das Zugangssystem mit Buchungsportal und die Wartungskosten zu sparen. Die Initiative zu diesem Schritt hat Antragsstellerin Urban ergriffen. „Die Sammelschließanlage ist für die Stadt Gehrden extrem defizitär“, heißt es in der Beschlussvorlage aller Fraktionen.

Der Ortsrat hatte sich gemeinsam mit der Stadtverwaltung jahrelang um die Fahrradgarage bemüht. Die Initiative sei vom inzwischen verstorbenen Ortsratsmitglied Peter Nispel (SPD) ausgegangen, erzählt Urban. Grund waren demnach regelmäßige Klagen von Dorfbewohnern aus Lemmie und Sorsum sowie von Kindern und Jugendlichen der Waldorfschule über zunehmende Fahrraddiebstähle am S-Bahnhof und mutwillige Beschädigungen.

An der Umsetzung des Projekts waren auch der Ortsrat Sorsum und die Deutsche Bahn beteiligt – inklusive einer Förderung durch das Bundesumweltministerium. Doch die Auslastung sei von Anfang an sehr überschaubar gewesen, sagt Urban.

Ist die Nutzung der Schließanlage möglicherweise zu kompliziert? Oder sind vielen Pendlern die Kosten für einen Platz in der Fahrradgarage zu hoch? Jedenfalls stehen trotz der Diebstahl- und Vandalismusgefahr zahlreiche Fahrräder auf den frei zugänglichen Abstellplätzen neben der Box. Mit dem Thema hat sich der Ortsrat immer wieder beschäftigt.

„Wir haben nach der Inbetriebnahme auch Einführungsaktionen für das Zugangssystem organisiert, zu denen aber niemand gekommen ist“, erzählt Urban. Später seien an den Fahrrädern neben der Box laminierte Ansichtskarten mit Werbebotschaften angehängt worden – vergeblich. Nicht einmal auf Einstiegsgutscheine der Bahn mit dem Angebot einer kostenlosen Nutzung für die ersten drei Monate habe jemand reagiert, so Urban.

Was Urban ebenfalls hervorhebt: An der Fahrradgarage hänge ein inzwischen verblichener Zettel. Darauf sei anfangs der verzweifelte Aufruf einer Frau zu lesen gewesen. „Man hatte ihr E-Bike geklaut, sie bat um die Rückgabe“, erzählt Urban. Aber auch dieser Hinweis habe die Auslastung der sicheren Abstellplätze nicht erhöht.

Laut Urban gab es nach Auskunft der Stadt im gesamten Jahr 2022 nur Mieteinnahmen in Höhe von 18,33 Euro. „Wir haben dann als Anreiz die Gebühren um ein Drittel gesenkt“, sagt das Ortsratsmitglied. Für die Nutzung eines Abstellplatzes werden demnach jetzt pro Tag Gebühren in Höhe von 53 Cent fällig, pro Woche 2,66 Euro und pro Monat 8 Euro. Die Buchung für ein halbes Jahr kostet 40 Euro, der Jahresbeitrag 70 Euro.

„Zwar endet der über fünf Jahre laufende Betriebsvertrag erst im Februar 2027, ich halte es dennoch jetzt für eine günstige Gelegenheit, daraus auszusteigen“, betont Urban. Der Vertrag könne mit einer Frist von drei Monaten vor dem Ablauf gekündigt werden, verlängere sich aber sonst automatisch um ein weiteres Jahr. Mit der Kündigung sollen nach Vertragsende die jährlichen Gebühren für das Zugangssystem und die Wartung gespart werden.

Die Betreibergebühr betrug laut Antrag des Ortsrates im ersten Jahr 1665 Euro und erhöht sich in jedem Jahr um 2,5 Prozent. Wenn die Stadt Gehrden der Kündigungsempfehlung des Ortsrates folgt, bleibt ungewiss, was aus dem Gebäude künftig werden soll. „Der Container gehört der Stadt“, sagt Urban.

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