Über das Bundesfreiwilligenjahr zum Herzensjob
Chantal Meinberg aus Barsinghausen hat ihr FSJ
beim Fahrdienst des ASB gemacht und dort wertvolle Erfahrungen gesammelt

Beförderung von älteren Menschen als Hauptaufgabe: Chantal Meinberg (18) aus Barsinghausen hat ein FSJ im Fahrdienst gemacht. Foto: Damian Stumpf
Barsinghausen. Wenn kranke oder alte Menschen es nicht mehr alleine zum Arzt oder ins Krankenhaus schaffen, kommt Chantal Meinberg vorgefahren. Die 18-Jährige hat ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) beim Fahrdienst des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) jetzt beendet. Ein Jahr mit Herausforderungen, Höhen und Tiefen.

Bevor sie ihr FSJ begann, besuchte Meinberg eine Realschule. Bereits während eines Schulpraktikums sammelte sie erste Erfahrungen im Rettungsdienst. Dort hatte es ihr so gut gefallen, dass sie sich dazu entschied, Sanitäterin zu werden. Da das Mindestalter für die Ausbildung jedoch bei 18 Jahren liegt, kam das FSJ für die damalige 17-Jährige sehr gelegen. Heute möchte die angehende Rettungssanitäterin das Jahr nicht missen.

Die Entscheidung, das FSJ beim ASB zu machen, sei auf ihre Eltern zurückzuführen, sagt sie. „Meine Mama ist seit über 20 Jahren beim ASB im Rettungsdienst tätig, und mein Vater ist seit über 25 Jahren im Katastrophenschutz aktiv.“ Der ASB war für sie daher die erste Anlaufstelle. „Gefühlt lebe ich hier“, scherzt die Barsinghäuserin. Sie selbst ist bereits seit neun Jahren ehrenamtlich beim ASB engagiert.

Vor ihrem Start hatte Meinberg klare Erwartungen an das FSJ. „Ich wollte lernen, wie man mit Menschen umgeht, weil ich damit anfangs große Schwierigkeiten hatte.“ Diese Schwierigkeiten führt sie auf die Corona-Pandemie zurück. „Ich habe so ein bisschen das Soziale verlernt“, erklärt die 18-Jährige.

Beim ASB war sie dem Fahrdienst zugeteilt. „Im Wesentlichen haben wir ältere Menschen befördert, die nicht mehr selbstständig ihre Ziele erreichen konnten“, sagt Meinberg. Besonders im Kontakt mit Patientinnen und Patienten habe sie wertvolle Erfahrungen sammeln können. „Jeder Mensch ist unterschiedlich – sei es eine demente Frau, die nicht weiß, wohin wir fahren, oder ein Patient im Rollstuhl, der sich noch selbst orientieren kann“, sagt Meinberg.

Es gab auch Momente, die ihr besonders in Erinnerung geblieben sind. Beispielsweise ihr letzter Arbeitstag. „Es war sehr emotional, mich von den Menschen zu verabschieden“, sagt Meinberg. „Dieser Tag wird mir dauerhaft in Erinnerung bleiben.“ Sie erzählt aber auch von angespannten Situationen. Zweimal hat Meinberg jemanden ins Hospiz gefahren. „Die Atmosphäre im Auto war sehr angespannt“, erinnert sie sich. Einen Todesfall musste sie nicht erleben.

Frustrierende Situationen sind der 18-Jährigen nicht erspart geblieben. „Vor allem, wenn wir hinter dem Zeitplan waren“, sagt Meinberg. Teilweise seien Planungen der Zentrale „unmöglich“ umzusetzen gewesen. „Das ist mir dann schon ziemlich auf den Geist gegangen.“

Zum Frust kann auch das Klima zwischen Kolleginnen und Kollegen beitragen. Meinberg war im Fahrdienst immer zu zweit unterwegs. „Am Anfang habe ich mit jemandem zusammengearbeitet, mit dem ich mich gar nicht verstanden habe“, erzählt sie. Es habe Tage gegeben, an denen sie morgens dachte: „Ich will nicht mehr!“ Auch das Taschengeld in Höhe von 520 Euro im Monat empfindet Meinberg als zu gering. „Ein bisschen mehr Geld wäre schön und angebracht – vor allem, weil man wie eine Vollzeitkraft arbeitet“, sagt sie.

Eines hat sie besonders schockiert. „Ich habe gemerkt, wie wenig Ahnung manche ausgebildeten Menschen in der Altenpflege haben.“ Viele wüssten nicht, wie mit älteren Personen umzugehen sei.

„Teilweise haben die Patientinnen und Patienten nur dann Aufmerksamkeit bekommen, wenn wir vom Fahrdienst da waren“, beklagt Meinberg.

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Die 18-Jährige schildert, wie ein Patient einfach auf sein Zimmer gebracht und dort sich selbst überlassen worden sei. „Ich habe viele erlebt, die tagelang in ihrer Windel lagen – das ist einfach nur traurig“, sagt sie. Trotz dieser Herausforderungen ist Meinberg froh, das FSJ gemacht zu haben. „Ich kann mir jetzt gut vorstellen, mein ganzes Leben lang im medizinischen Bereich zu bleiben“, so die junge Frau. Allerdings nicht im Fahrdienst, sondern im Rettungsdienst. „Im Fahrdienst ist jeder Tag zu geregelt – das kann ich nicht.“ Sie brauche die Abwechslung und das Adrenalin, das der Rettungsdienst mit sich bringt. „Dieses Gefühl, nicht zu wissen, was mich erwartet – das reizt mich.“

Am 1. August startete sie ihre Ausbildung zur Rettungssanitäterin, danach will sie die dreijährige Berufsausbildung zur Notfallsanitäterin absolvieren.

Rückblickend würde Meinberg ihr FSJ „definitiv“ noch einmal machen. Man lerne wichtige Dinge, die man so in der Schule nicht vermittelt bekomme. Daher empfiehlt sie das Jahr vor allem Schulabsolventinnen und -absolventen, die noch orientierungslos sind. Selbst wenn es der Person nicht gefalle, könne sie sich danach immer noch neu orientieren. Ihr Rat: „Verliert nicht den Spaß – auch wenn manche Tage nicht schön sind. Danach wird es wieder besser.“

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