Was hilft gegen die Elterntaxis?
Mit Beginn des neuen Schuljahres geht die Debatte über eine Sperrung
der Lange Feldstraße in die nächste Runde/Gemischte Haltungen bei den Ratsfraktionen

Sichtbare Zeichen für mehr Verkehrssicherheit: An der Lange-Feld-Straße gibt es jetzt eine Hol- und Bringzone für Elterntaxis.Foto: Antje Bismark
Gehrden. Mit Beginn des neuen Schuljahres kehrt auch in Gehrden ein Problem zurück, das die Politik, Verwaltungen und Lehrkräfte in ganz Niedersachsen beschäftigt: Wie lassen sich die Elterntaxis vor Schulen ausbremsen? Die Stadt hat bereits gemeinsam mit dem Rat reagiert und die Lange Feldstraße als Fahrradstraße ausgewiesen, die von Anliegern befahren werden darf.

Außerdem gibt es seit Mai 2024 eine Bring- und Hol-Zone, in der die Eltern ihren Nachwuchs verabschieden und begrüßen können. Darauf weisen großflächige Plakate hin – doch längst nicht alle Ratsmitglieder rechnen damit, dass sich die Mütter und Väter zunehmend mehr daran halten werden. Deshalb plant Heinz Strassmann (Grüne), als Vorsitzender des Ausschusses für Mobilität, Sicherheit und Brandschutz das Thema erneut in der Sitzung des Gremiums aufzugreifen. Die Beratung beginnt um 18 Uhr im Rathaus an der Kirchstraße.

Dann soll die Verwaltung die ersten Ergebnisse erläutern: „Ich gehe davon aus, dass die Mitarbeitenden des Ordnungsamtes die Situation nach dem Start des neuen Schuljahres beobachten werden“, sagt Strassmann. Nach seiner Wahrnehmung seien trotz der geänderten Verkehrsführung zum Ende des vergangenen Schuljahres noch zu viele Fahrzeuge in der Straße unterwegs gewesen. Er wünsche sich deshalb eine Verkehrszählung, bei der die Autos und auch die Berechtigung zur Durchfahrt erfasst würden. Sollte sich zeigen, dass die bisherigen Einschränkungen nicht ausreichen, dann müssten Rat und Verwaltung über eine zeitlich befristete Sperrung nachdenken.

Genau diese fordert Stephan Fromm von der Unabhängigen Wählergemeinschaft Gehrden (UWG), der im vergangenen Jahr einen entsprechenden Antrag gestellt hatte und bei der Abstimmung im Rat unterlag. Aufgeben wolle er dennoch nicht, sagt Fromm. „Wir müssen den Eltern deutlich zeigen, dass ein Schulweg keine Drive-In-Veranstaltung ist.“ Denn die Situation verschärfe sich bereits nach dem Umzug der Schule Am Castrum an die Lange Feldstraße.

Zwei Faktoren, sagt der UWG-Ratsherr, kämen in den nächsten Monaten erschwerend hinzu. Zum einen nutzten noch mehr Eltern in der dunklen Jahreszeit das Auto, um die Kinder zu bringen. Zum anderen würden Lastwagen während der Bauphase am Robert-Koch-Krankenhaus den Bereich zusätzlich passieren. „Ich habe wirklich Angst, dass jemand unter die Räder kommt“, sagt Fromm und betont: Sollte er eine Mehrheit für eine Schulstraße sehen, deren Einführung das Land jetzt besser ermögliche, werde er einen neuen Antrag stellen. Parallel dazu versuche er als Mitglied im Verkehrsclub Deutschland (VCD) über die Verbandsinitiative einen anderen als den politischen Weg zu finden.

„Für den Umgang mit Elterntaxis gibt es leider keine Blaupause“, sagt Bürgermeister Malte Losert (parteilos). Aus seiner Sicht kann die Lange Feldstraße – im Gegensatz zu Straßen in anderen Kommunen an Schulen – nicht einfach gesperrt werden. „Es ist eine Straße mit Altenheim und Sportverein, keine Sackgasse“, betont er mit Blick auf Beispiele, unter anderem in Hemingen-Arnum.

Dass Eltern in die Lange Feldstraße fahren und durchaus rege auch die Bring- und Hol-Zone nutzen würden, sei kein Geheimnis. „Aber insgesamt hat sich die Lage verbessert“, sagt er, und Sandra Dreier, Leiterin des Fachbereichs Bürgerdienstleistungen, Bildung und Soziales ergänzt, dass von einem Verkehrschaos keine Rede sein könne. Dazu tragen nach Einschätzung der Verwaltung auch geänderte Ampelschaltungen bei. Fußgängerinnen und Fußgänger erhalten einige Sekunden eher das Grünlicht als abbiegende Autos, sodass Kinder zu Fuß, mit dem Roller oder Fahrrad besser geschützt sind. Gleichwohl behalte die Stadt die Situation im Blick, sagt Losert und kündigt Kontrollen des Außendienstes zu Schulanfang an.

„Eine Schulstraße sehen wir nicht als notwendig an“, sagt Thomas Spieker, CDU-Fraktionschef im Rat. Zwar nutzten nach seiner Wahrnehmung noch immer zu viele Mütter und Väter das Elterntaxi, aber letztlich habe sich die Situation insgesamt beruhigt.

Richte Gehrden eine Schulstraße ein, dann ändere sich die aktuelle Verkehrslage kaum, meint FDP-Fraktionschef Rudi Locher. „Die Busse müssen hineinfahren können, die Lehrer auch, die Anlieger vom Altenheim und Sportverein ebenfalls – auf der Straße sind einfach schrecklich viele Autos unterwegs.“ Deshalb plädiere er für andere Lösungen, möglicherweise einen Laufbus, bei dem sich Schülerinnen und Schüler treffen und gemeinsam zum Unterricht gehen.

Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Michael Passior geht es bei der Debatte um Elterntaxis vor allem um die Haltung: „Trauen Eltern ihrem Kind zu, den Weg allein zu bewältigen, oder nicht?“, fragt er. Eine Sperrung zum jetzigen Zeitpunkt sehe er als schwierig an: Letztlich müssten Politik und Verwaltung erst einmal beobachten, wie sich die eigentlich guten Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung bewährten.

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