Eine Kita mitten im Deister
In Wennigser Mark bieten die Johanniter eine besondere Kinderbetreuung an –
mit einem Outdoor-Angebot und spannenden Naturerlebnissen.

Ringsum nur Wald, Wiesen, Bäume und Sträucher: Die Jungen und Mädchen der Johanniter-Kita „Märker Waldkinder“ haben aber im Deister mit ihrem umgestalteten Bauwagen eine zentrale Anlaufstelle.Foto: Ingo Rodriguez
Wennigser-Mark. Der Betreuungstag beginnt nach dem Frühstück – wie könnte es anders sein – mit einem Morgenkreis. Der Unterschied zu gewöhnlichen Kindertagesstätten wird aber schnell deutlich: Im Waldkindergarten in Wennigser Mark sitzen die Jungen und Mädchen mit ihren Erziehungskräften auf zersägten Baumstämmen im Freien – umgeben von Sträuchern und Büschen, mitten im Deister. Einrichtungsleiter Angelo Valverde bittet mit einem Glockenschlag um Gehör.

Seit zwei Jahren schon betreibt die Johanniter-Unfall-Hilfe am Deisterrand die Kita Märker Waldkinder. Ein Bauwagen ist die zentrale Anlaufstelle, zu finden in der Verlängerung des Bierweges auf einer Fläche der Landesforsten. Das Auftaktritual des Morgenkreises spielt eine große Rolle. „Die Kinder sollen in die Gestaltung des Alltags einbezogen werden und selbst Entscheidungen treffen“, erklärt Andreas Ott, Fachbereichsleiter des Johanniter-Ortsverbandes Deister. Partizipation sei ein wesentlicher Bestandteil des pädagogischen Konzepts.

Der 42-jährige Kita-Leiter Valverde ist gelernter Erzieher und angehender Waldpädagoge. Nachdem an diesem Morgen der Entschluss gefasst ist, einen Ausflug zum nahegelegenen Toppiusplatz zu machen, bittet er die Gruppe um eine Aufgabenverteilung. „Wir brauchen zwei Kinder, die den Bollerwagen ziehen“, sagt Valverde. Schnell hat sich die 13-köpfige Nachwuchsgruppe im Alter von drei bis sechs Jahren geeinigt. Das Packen des bereitgestellten Bollerwagens beginnt.

Dass es nicht regnet, spielt für die Tagesplanung keine Rolle. „Die Fachkräfte und die Kinder sind so ausgestattet, dass sie sich bei jedem Wetter im Freien aufhalten können“, berichtet Johanniter-Fachbereichsleiter Ott auf dem Weg. Wenn es allerdings durchgehend regne, sei auch der Aufenthalt im umgebauten Bauwagen möglich.

In dem Wagen befinden sich auf einer Grundfläche von 24 Quadratmetern ein Küchenbereich, eine Komposttoilette, ein Bereich mit Sitzplätzen, eine Ruhezone sowie Einbauregale und Garderobe. Außerdem zählt zur Kita ein Außengelände, das die Kinder vor ihren Ausflügen als Aufenthaltszone nutzen. „Wir haben Karotten eingepflanzt und wollen einen Zaun bauen, damit die Wildschweine nicht alles wegfressen“, erzählt der siebenjährige Lucas.

Er beschreibt damit auch Grundzüge des waldpädagogischen Johanniter-Konzepts: Die Kinder sollen durch die Auseinandersetzung mit Natur, Pflanzen und Tieren zum eigenaktiven Lernen angeregt werden.

Kita-Leiter Valverde hebt einen großen Vorteil des Kita-Freigeländes hervor: Durch den bewusst gewählten Standort seien von dort aus – nach dem Frühstück und dem Morgenkreis – viele attraktive Ziele zu erreichen. „Ein Bolzplatz, der Ententeich oder die Wasserräder im Deister“ – Valverde zählt einige Beispiele für Entdeckertouren auf. Die Aufenthalte seien mit den zuständigen Forsten abgesprochen.

Auch dem Toppiusplatz angekommen, ist erst einmal Aufbauarbeit angesagt. „Eine Fachkraft ist für die Umgebungssicherung zuständig und hält nach Tierkot oder gefährlichen Pilzen Ausschau“, erklärt Valverde. Es gelte für alle die Regel, in Sicht- und Hörweite zu bleiben. Der Kita-Leiter stellt am Rand des Platzes ein „mobiles Waldklo“ auf – inklusive Füllbeutel für die spätere Abholung und Entsorgung vom Kita-Gelände.

Gemeinsam mit dem Vater Kai-Henrik Struß befestigt Valverde an einem Baum ein festes Seil als Spielgerät. Struß ist während der Eingewöhnungsphase seiner dreijährigen Tochter Fritzi als Begleiter mit dabei. „Wir sind sehr naturverbunden – Fritzi auch“, begründet er die Entscheidung für eine Waldkita.

Zum Aufbau zählt auch die Einrichtung einer Ruhezone auf einer Picknickdecke. „Dann einigen wir uns im Kreis auf Spiele“, sagt der Kita-Leiter. Die Johanniter setzten aber auch auf „freies Spiel“: Die Erziehungskräfte greifen Ideen und Impulse der Kinder auf.

Um das Konzept gut umsetzen zu können, ist die Outdoor-Betreuung für maximal 15 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren ausgelegt – aus Wennigsen, Egestorf, Gehrden und umliegenden Orten. Sie werden von drei Fachkräften betreut.

Die Johanniter haben – trotz des Fachkräftemangels – sogar einen „Springerpool“ eingerichtet, um Krankheitsfälle beim Personal ausgleichen zu können. „Damit die Betreuung gesichert ist“, betont Fachbereichsleiter Ott.

Um Eltern über kurzfristige Änderungen bei den Abholzeiten zu informieren, bieten die Johanniter über einen externen Anbieter zudem eine Smartphone-App an – inklusive Übersetzungsfunktion. „Sie erhalten dann eine Push-Benachrichtigung oder können ihre Kinder über die App auch von der Betreuung abmelden“, erklärt Ott. Die Betreuungszeit des Waldkindergartens läuft von 8 bis 14 Uhr.

Bei den Märker Waldkindern soll künftig auch die Medienkompetenz der Mädchen und Jungen gefördert werden. „Wir arbeiten an einem Konzept, um Laptops und Tablett-PCs in den Betreuungsalltag mit einzubinden“, berichtet Valverde.

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