Dabei ging es um die Finanzierung eines erneuten Gutachtens, das klären soll, ob der riesengroße Baum an der Ecke Am Steinweg/Vogelsangstraße gefällt werden muss oder doch eine Zukunft hat. Nach rund einer halben Stunde ruft der Gutachter Clemens Heidger schließlich Schmersow und weiteren interessierten Personen zu: „Der Baum kann stehen bleiben.“
Die Zukunft der Benthe prägenden Eiche ist seit Jahren ein großes Thema in der Ortschaft. Rettung oder Motorsäge – die Diskussionen darüber sind nicht ganz so alt wie die vor rund 150 Jahren gepflanzte Eiche, aber gefühlt dauern sie schon eine Ewigkeit. Der Ortsrat Benthe hatte jüngst entschieden, noch einen letzten Versuch zuzulassen. Mit Heidger und dessen Team von der Hamburger Firma Saugtech habe man einen echten Fachmann von „Bundesliga-Format“ bekommen, sagt Schmersow.
Klar war, dass die Eiche von einem Pilz befallen ist. Die entscheidende Frage aber blieb: Wie stark ist der Schaden, und kann der Baum den Kampf gegen den Pilz gewinnen? „Wenn der Baum super wäre, würde er anders aussehen. Die Äste sind kaputt. Aber dass der Baum so gut austreibt, ist ein gutes Zeichen. Eine Eiche kämpft immer“, sagt Heidger.
Zuvor hatte er mit seinem Team per sogenanntem Saugbagger das Wurzelwerk freigelegt, um vertikale Belüftungsbohrungen vorzunehmen. Seine Erkenntnis: „Der Baum hat genug Luft in den Poren. Es können sich neue Wurzeln bilden.“ Natürlich sei der Pilz vorhanden und eine große Gefahr. „Irgendwann gewinnt der Pilz. Aber die Eiche bleibt vorerst standhaft und wird auch für die weiteren 15 bis 20 Jahre noch hier bleiben können“, sagt Heidger. Dieses Fazit wird er in Kürze der Stadt Ronnenberg in seinem Gutachten mitteilen. Die Stadt ist Eigentümerin des Baums. Der Ortsrat erhält das Ergebnis zu seiner ersten Sitzung nach den Sommerferien.
Ulrich Schmersow zeigt sich zufrieden. „Das ist eine tolle Nachricht, wir freuen uns sehr“, sagt der frühere Angestellte der Stadt Hannover, der dort für Landschaftsökologie, Insektenbündnis und Biodiversität verantwortlich zeichnete. Auch bei Heike Hartmann, die ebenfalls in Benthe wohnt, ist die Erleichterung zu spüren. „Wir haben mit so vielen Menschen gesprochen. Man merkt, wie wichtig den Leuten die Eiche hier im Ort ist.“
Und wie geht es nach den 15 bis 20 Jahren weiter? Clemens Heidger denkt daran, wie man die Lebenszeit der Eiche noch weiter verlängern könnte. „Man müsste den Asphalt aufreißen, 50 Zentimeter würden schon reichen. Dann könnten sich die Wurzeln noch besser entwickeln und hätten mehr Platz.“ Die Veränderung des Rinnsteins, der den Baum umgibt, wäre eine sogenannte Standortoptimierung, so der Gutachter.
Heidger schaut noch mal hinunter zu den Wurzeln – und zeigt dann nach oben in Richtung Vogelsangstraße. „Dann könnte der Baum auch viel besser das Wasser aufnehmen, das von dort die Straße herunterläuft und hier ankommt.“ Das alles bietet Stoff für weitere Diskussionen in Benthe in den kommenden Jahren. Vorerst ist aber klar: Die Eiche kann bleiben.
Interessant ist auch, was Schmersow während der Baumarbeiten von einem Einwohner mit Benther Urahnen erfuhr. Demnach sei die Eiche 1871 gepflanzt worden – als Friedenseiche nach dem Deutsch-Französischen Krieg.