„Einmal Schrauber, immer Schrauber“
Bernd Pomnitz (78) macht in Empelde mit seinem Team ausrangierte und kaputte Räderwieder flott – im Ehrenamt

Schrauber aus Leidenschaft: Der 78-jährige Bernd Pomnitz bietet mit seinem Team in der Fahrradwerkstatt Empelde einen ehrenamtlichen Reparaturservice an.Foto: Ingo Rodriguez
Empelde. Dass Bernd Pomnitz vom Fach ist, wird schon beim Betreten der Fahrradwerkstatt in Empelde deutlich: Im Keller eines Mehrfamilienhauses am Seegrasweg empfängt der 78-jährige Rentner die Kundschaft in seiner alten Arbeitsmontur. Den blauen Kittel eines französischen Automobilherstellers trägt der gelernte Kraftfahrzeugmeister auch als Rentner einmal pro Woche, um seine gewöhnliche Kleidung vor Ölflecken zu schützen.

„Die Fahrradwerkstatt ist an jedem Mittwoch von 13 bis 18 Uhr geöffnet“, sagt Pomnitz. Gemeinsam mit seinem dreiköpfigen Team bietet der 78-Jährige einen ehrenamtlichen Reparaturservice an. Zu viert machen sie aber auch ausrangierte und gefundene Fahrräder wieder flott, um sie für rund 20 Euro pro Stück wieder an neue Besitzerinnen oder Besitzer abzugeben – ehrenamtlich und für einen großen Kundenkreis. Der Preis decke ausschließlich die Materialkosten ab.

Er wohnt in Empelde und gehört schon seit neun Jahren zum Team der Werkstatt. „Ich hatte damals von der Fahrradwerkstatt gehört und habe meine Dienste angeboten“, erzählt Pomnitz. Auch zu diesem Zeitpunkt sei er schon Rentner gewesen. Die Aufgabe habe ihn gereizt. „Ich habe 45 Jahre lang in einem Autohaus in Hannover als Kfz-Meister gearbeitet“, erzählt er. Das Handwerk sei seine Leidenschaft. „Einmal Schrauber, immer Schrauber“, sagt Pomnitz. Er habe sich für den Privatgebrauch auch schon ein altes Auto zu einem Cabriolet umgebaut. „Mir macht das Schrauben einfach Spaß.“

Die Leitung der Fahrradwerkstatt hat er erst kurz nach der Corona-Pandemie von seinem langjährigen Vorgänger Gerd-Volker Weiden übernommen. Dieser habe aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten wollen. Pomnitz füllte die ehrenamtliche Lücke.

Dann nimmt er einen Zettel von einem alten Fahrrad ab. Darauf ist zu lesen, welche Reparaturen gemacht werden müssen und wer das Secondhand-Modell wann abholen wird.

„An jedem ersten Mittwoch im Monat ist Verkaufstag“, sagt Pomnitz. Dann kommen Menschen aus der Umgebung und suchen sich ein Fahrrad aus. Rund 100 Stück warten in zwei Kellerräumen auf Abnehmer. „Die ausgesuchten Modelle machen wir auf Wunsch wieder verkehrstüchtig“, berichtet der Werkstattleiter.

Das üppig gefüllte Lager wird regelmäßig neu bestückt. „Die Stadtverwaltung sammelt herrenlose Fahrräder ein, und sie landen dann bei uns, wenn sich nach einem halben Jahr niemand als Besitzer gemeldet hat“, beschreibt Pomnitz das Prinzip. Er hebt auch hervor: Die Stadt Ronnenberg übernehme die Miete für die Kellerräume, um das Angebot zu ermöglichen.

Häufig profitiert die Werkstatt von Spenden. „Vor allem ältere Menschen schenken uns oft ihre alten Räder, wenn sie nicht mehr benötigt werden“, erzählt Pomnitz.

Beim Flottmachen setzt das Team der Werkstatt auf das Prinzip „Luft, Licht, Bremse“. Meist reiche es aus, einen neuen Schlauch oder ein neues Ventil einzubauen“, sagt Pomnitz. „Oft müssen wir auch nur die Bremsklötze oder Bremsseile erneuern.“ Ersatzteile, Material und mobile Lampen kaufe das Team im Handel. Um die alten Räder wieder verkehrstüchtig zu machen, werde auch „hier und dort“ eine herausgebrochene Speiche befestigt.

„Nur Gangschaltungen und E-Bikes reparieren wir nicht, weil die Ersatzteile zu teuer sind“, erklärt Pomnitz. Zum großen Kundenkreis zählen vor allem Menschen aus Empelde – unter anderem Einkommensschwächere und Geflüchtete. „Sie glauben nicht, wie schön es ist, wenn Kinderaugen leuchten, weil ein repariertes Fahrrad abgeholt werden kann“, berichtet der Rentner.

Es sind viele ältere Menschen, die die Reparaturannahme und den ehrenamtlichen Service nutzen. „In einer professionellen Werkstatt müssten sie rund 100 Euro zahlen, um einen defekten Schlauch austauschen zu lassen“, sagt Pomnitz. Beim ehrenamtlichen Team seien es nur die Materialkosten. „Manchmal gibt es als Dankeschön auch noch einen Kuchen für uns.“ Weil das Team pro Woche fünf Stunden im Einsatz ist, können Reparaturen auch schnell gehen. „Wenn es nur eine Kleinigkeit ist, die wir ausbessern müssen, kann das Fahrrad am Tag der Abgabe wieder abgeholt werden.“

Dass sich die Fahrradwerkstatt in Empelde zu einem Erfolgsmodell entwickelt hat, ist laut Werkstattleiter auch verschiedenen Firmen zu verdanken. „Wir bekommen regelmäßig Materialspenden – und auch Geräte für Reparaturen.“ Pomnitz lobt die Aufgabeverteilung im Team. „Um die Buchhaltung der Zahlungseingänge und Ausgaben muss ich mich zum Glück nicht kümmern.“

Für Pomnitz steht „das Schrauben“ im Mittelpunkt. „Das werde ich auch noch weitermachen, solange wie es geht.“ Was ihm aber genauso viel Freude bereitet: „Es ist schön, anderen Menschen dabei zu helfen, mobil unterwegs zu sein.“

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