Eine Frau mitgroßem Herzen
Lilli Bischoff ist die Gründerin des
Vereins Kinderhilfe Ukraine, der in diesem Jahr 30 Jahre alt wird.

„Mir macht es Freude, wenn ich die glücklichen Kinder anschaue“: Lilli Bischoff engagiert sich seit 30 Jahren unermüdlich für den Verein Kinderhilfe Ukraine.Foto: Thore Kessal
Landringhausen. Lilli Bischoff kam 1988 als Russland-Deutsche ins Grenzdurchgangslager Friedland. Erleichterung machte sich damals breit, denn sie hatte eine jahrzehntelange Odyssee hinter sich. Schließlich kam die Frau, dessen Eltern aus der Ukraine stammen, nach Barsinghausen und gründete vor 30 Jahren den Verein Kinderhilfe Ukraine.

Lilli Bischoff ist eine Frau mit großem Herzen. 1995 gründete die heute 76-Jährige die Kinderhilfe Ukraine in Landringhausen. Jahr für Jahr holt sie über den Verein ukrainische Kinder aus Barsinghausens Partnerstadt Kovel für einen Monat hierher, um ihnen ein ganz besonderes Ferienprogramm zu bieten.

Die Vereinsgründung war damals eine Reaktion auf die Folgen der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl, mit denen besonders Kovel als nächstgelegene Stadt zu kämpfen hatte. Bischoffs Ziel war es, die Kinder abzulenken und ihre Familien zu entlasten. Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wurde das in den vergangenen Jahren erneut zur zentralen Aufgabe.

„Ich hasse den Krieg“, sagt Lilli Bischoff, die als Deutsch-Russin im Ural geboren ist und 1988 nach Deutschland kam und deren Eltern aus der Ukraine stammen. Ginge es nach Bischoff, würde sie alle Kriegsparteien an einen runden Tisch setzen, anstatt weitere Waffen in die Ukraine zu entsenden. Da das aber nicht in ihrer Macht liegt, versucht sie anders zu helfen, die Folgen des Krieges so gut es geht abzufedern – etwa durch den Kinderhilfsverein Ukraine. „Mir macht es Freude, wenn ich die glücklichen Kinder anschaue“, sagt Bischoff.

Da ihre Eltern aus der Ukraine stammten, spricht sie die Sprache der Kinder aus Kovel perfekt und begleitet sie in Freizeitparks, Zoos, zum Bowling oder auch in den niedersächsischen Landtag. „Uns macht das allen Spaß“, sagt Bischoff und meint damit auch die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer des Vereins, für die sie tiefe Dankbarkeit empfinde. Bereits 2007 erhielt Bischoff, die 25 Jahre lang bis zur Rente beim Arbeitsamt gearbeitet hat, für ihr ehrenamtliches Engagement das Bundesverdienstkreuz. „Das ist mein Beitrag dazu, dass der Krieg aufhören muss“, sagt sie.

Kriege beeinflussten Bischoffs Leben schon früher. Im Zweiten Weltkrieg brachten sie die Deutschen aus der damaligen Sowjetunion nach Deutschland „Ich wurde zwangsumgesiedelt“, berichtet sie. Nach dem Krieg wurde sie von den Alliierten aus Amerika zurück nach Russland ausgeliefert. Allerdings nicht in ihre ursprüngliche Heimat – sondern nach Sibirien, wo die ausgesiedelten Menschen schwere Waldarbeiten verrichten mussten. „Es waren unmögliche Lebensumstände“, so Bischoff.

Die Deutsch-Russin wollte zurück nach Deutschland. Für sie begann eine lange Odyssee durch Kasachstan, Kirgisistan und Lettland. Immer dahin, wo die Chancen gerade am besten standen, in das deutsche Grenzdurchgangslager Friedland zu kommen. Dort wurden Flüchtlinge, darunter viele ehemalige Kriegsgefangene, aufgenommen. Bischoff und ihre zwei Kinder schafften es 1988 in das Grenzdurchgangslager, die Erleichterung darüber war groß.

„Ich bin auf meinem Lebensweg immer auf Leute getroffen, die geholfen haben“, erzählt Bischoff. Das wollte sie auch. Gleich nach ihrer Ankunft in Deutschland gründete sie daher in Barsinghausen eine Ortsgruppe des Vereins Landsmannschaft der Deutschen in Russland (LmDR) und kümmerte sich darum, weitere Aussiedler zu integrieren. Auch hier ist sie bis heute die Vorsitzende. Dazu kommt die Arbeit für die Kinderhilfe Ukraine.

Wie lange sie das noch machen will? „Ich kann nicht zu Hause sitzen und Däumchen drehen, wenn draußen was los ist“, sagt sie. „Mir tun besonders die Kinder und die alten Menschen leid. Ich hoffe, der Krieg hört bald auf. Der hätte gar nicht sein dürfen.“ Bischoff kritisiert die Politik dafür, sich nicht genug Mühe zu geben, den Konflikt zu beenden.

So ist die Arbeit von Bischoff noch immer besonders gefragt. Viele der Kinder, die nach Landringhausen kommen, haben ihre Väter im Krieg bereits verloren. Doch dank des großen Herzes von Lilli Bischoff erleben sie einen Moment des Lichts in der andauernden Dunkelheit in ihrer Heimat.

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