Kalihalde: Ronnenberger
wollen Schutzgebiet erweitern
Politik und Verwaltung legen gemeinsam einen neuen Lösungsvorschlag für den Umgang mit einem FFH-Gebiet vor

In der Sache einig: Marko Nickel (von links), Jens Williges, Marlo Kratzke, Ulrich Schmersow und Gerald Müller.Foto: Uwe Kranz
Ronnenberg. Die Kalihalde in Ronnenberg ist eine Altlast des Salzbergbaus, die das Grundwasser im Stadtgebiet belastet. Der Eigentümer, die Firma Horizon, ist verpflichtet, diese Altlast zu beseitigen. In diesem Fall geht es darum, den Kaliberg abzudecken, um die Salzauswaschungen durch den Regen zu minimieren. Um die Art und Weise der Abdeckung gibt es ernste Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Unternehmen und den Anwohnern, der Politik und der Verwaltung in Stadt und Region Hannover. Eine neue Hauptrolle in dem Streit spielt ein Schutzgebiet im Rahmen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union (FFH-Gebiet).

Um seine aktuellen Pläne zur Abdeckung beantragen zu können, musste Horizon zunächst beantragen, ausnahmsweise das FFH-Gebiet mitnutzen zu dürfen. Nicht auf Gegenliebe bei der Bürgerinitiative (BI)„Bauschuttdeponie – Nein Danke!“, Stadt und Politik stieß dabei die Absicht, das FFH-Gebiet fast komplett abzudecken und nur einen Teil des aktuellen Schutzgebietes als Kompensationsfläche für die sogenannte Binnensalzstelle auszuweisen. Während die BI bei Festhalten Horizons an diesen Plänen mit einer Klage drohte, haben Verwaltung und Ratsparteien jetzt im Rahmen des Genehmigungsverfahrens einen Kompromissvorschlag vorgelegt. Damit sollen sogar für Horizon die Chancen steigen, dass der spätere Antrag auf Abdeckung der Halde eher genehmigungsfähig wird, erklären die Protagonisten aus Ronnenberg.

Das Signal aus Ronnenberg an Horizon erläutert Bürgermeister Marlo Kratzke (SPD): „Es kann eine Lösung geben. Es sind aber noch viele Punkte offen“, sagte er und vor allem: Horizon und die vom Eigentümer mit der Abdeckung beauftragte Firma Menke Umwelt Service Ronnenberg müssen sich bewegen. Die gemeinsamen Pläne stellte der Verwaltungschef zusammen mit den Fraktionsvorsitzenden Gerald Müller (DCU), Jens Williges (Grüne) und Marko Nickel (AfD) sowie dem Umweltexperten Ulrich Schmersow (Grüne) und der Fachbereichsleitung mit Torsten Kölle und Angela Meyer-Everloh vor. „In der Sache sind wir uns völlig einig“, stellte Müller die Geschlossenheit auf Ronnenberger Seite heraus.

Das Naturschutzgebiet umfasst Flächen östlich und südlich des Haldenkörpers innerhalb der abgezäunten Fläche. Während Horizon in seinem Antrag die Wertigkeit herunterspielt, weist Schmersow auf dessen Wichtigkeit hin und betont, dass zu dem geschützten Biotop nicht nur die sogenannte Binnensalzstelle gehöre, die Horizon kompensieren will, sondern auch der Bewuchs am Rande eine wichtige Rolle spielt. Eine kleine dreieckige Fläche im Nordosten des Grundstücks als Kompensation für die Mitnutzung eines größeren Teils des Naturschutzgebietes reiche deshalb fachlich nicht aus. Viel mehr will die Ronnenberger Seite das FFH-Gebiet komplett erhalten – und sogar noch erweitern.

Ohnehin könnte die Beeinträchtigung des FFH-Gebietes für Horizon zum Problem werden, erläutert Schmersow: Derzeit laufe ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland, weshalb in Brüssel besonders genau auf den Umgang mit den EU-Schutzgebieten hierzulande achte. „Brüssel versteht da keinen Spaß“, sagt Schwersow. Horizon will die Fläche aber mit nutzen, um eine geringere Schräge bei der Abdeckung der Halde zu erzielen. Dafür müsste die Firma Menke dann Bauschutt anliefern, um den Berg neu zu modellieren. Beides wollen die Ronnenberger verhindern.

Ihr Vorschlag fußt auf einer Erkenntnis des Runden Tisches, an dem alle Beteiligten bis 2021 teilgenommen haben. Demnach sei es möglich, den Berg auch mithilfe des vorhandenen Materials zu modellieren. Vor Ort hofft man darauf, dass die sogenannte Nase der Halde, die im Norden direkt an die Wohnbebauung angrenzt, dazu abgetragen werden könnte und das Material zur Abschrägung der Haldenränder genutzt werden könnte. Anstelle der Nase könnte auf der Fläche das FFH-Gebiet erweitert werden, so der Vorschlag.

Ein Konflikt mit der EU könnte auf diese Weise vermieden werden, so die Auffassung in Ronnenberg. Außerdem müssten viel weniger Lkw die Halde während des Abdeckungsprozesses ansteuern. Bislang habe man im Rathaus aber nicht das Gefühl, dass Horizon und Menke an die Nase heranwollen, stellte Kölle fest. „Technisch ist es machbar, aber nicht interessant für die Unternehmen“, sagt Schmersow. Diese hoffen offenbar, die Kosten für die Abdeckung so weit es geht mit Einnahmen für die Nutzung von Bauschutt bei der Abdeckung wieder hereinzuholen.

In Absprache mit dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) versucht der Rat der Stadt Ronnenberg nun in Anlehnung an den 2021 abgeschlossenen Runden Tisch noch einmal, alle Akteure zu direkten Beratungen über den Antrag von Horizon/Menke und die Vorschläge aus Ronnenberg zusammenzuführen. Eine entsprechende Einladung an die Unternehmen hat der Rat jüngst einstimmig beschlossen und auch damit noch einmal Einigkeit in der Sache demonstriert. Wann dieses Treffen stattfinden soll, steht allerdings noch nicht fest. Eine Absage von Horizon/Menke wäre ein eindeutiges Zeichen der fehlenden Kompromissbereitschaft – auch in Richtung des LBEG, meint Williges.

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