Kein Jungstorch im Nest
Die Tierfreunde des Nabu in Ronnenberg bleiben vom Pech verfolgt:
In diesem bleibt der Nachwuchs in den Standorten in Vörie und Ihme-Roloven aus.

Glückliche Tage: Zunächst haben sich die Störche in Vörie wohlgefühlt. Später stellten sie die Familienplanung ein.Foto: privat
Vörie/Ihme-Roloven. Viel Aufmerksamkeit hatte ein Storch in Vörie im vergangenen Jahr auf sich gezogen: Als einer von drei Jungvögeln im Nest an der Wasserbüffelweide hatte er sich schwer am Bein verletzt. Sein Schicksal seither ist ungewiss. Sicher ist hingegen, dass es in diesem Jahr keine Jungstörche in Vörie - und auch nicht in einem weiteren Nest in Ihme-Roloven gibt. Dort haben die Brutpaare ihren Bemühungen frühzeitig eingestellt. „In diesem Jahr haben wir leider Pech mit dem Nachwuchs“, stellt Manfred Vollmer fest, der die Störche für den Nabu im Auge behält.

Dabei gab es in Vörie offenbar gleich zwei Paare, die das dortige Nest zur Aufzucht ihres Nachwuchses nutzen wollten. „Bereits Anfang März fing ein Storchenpaar an zu brüten. Normal wird dann der Nachwuchs nach 32 bis 34 Tagen erwartet“, berichtet Vollmer. Dieses Mal war es anders. Nach etwa sechs Wochen sei offenbar auch den Störchen klar geworden, dass die Hoffnung vergebens war. Sie verließen das Nest.

Als Vollmer dann Anfang Mai mit einer Drohne das Nest inspizieren wollte, stellte er zu seiner Überraschung fest, dass ein neues Storchenpaar das Nest in Beschlag genommen hatte. Eindeutige Paarungsrituale waren in den Folgetagen zu beobachten.

Unklar bleibt, ob das zweite Storchenpaar mit dem ersten identisch war oder ob es sich um ein anderes Paar handelte, da die Vögel jeweils nicht beringt waren. Nach einigen Tagen wurde das Nest erneut aufgegeben. Bei Drohnenaufnahmen Ende Mai stellte sich heraus, dass es offenbar zu keiner Zeit Eier in dem Nest gegeben hatte. „Hoffen wir mal, dass es im nächsten Jahr klappt“, sagt Vollmer optimistisch.

Reinhard Löhmer, ehrenamtlicher Beauftragter für die Weißstorchbetreuung in der Region Hannover, hatte zuletzt einen erneuten Anstieg der Storchenpaare festgestellt. „Insgesamt gibt es derzeit 180 Paare in der Region Hannover“, teilte er mit. Im Vergleich dazu: Ende der Achtzigerjahre waren es nur acht Paare. Wie viele Storchenbabys derzeit in der Region großgezogen werden, kann Löhmer derzeit noch nicht sagen. In vielen Nestern sei zu erkennen, dass ein Elternteil den Innendienst übernommen habe, die Jungen bewache und beschatte, während das andere Elternteil für die Futtersuche verantwortlich sei. Auch die Tatsache, dass die Tiere zu unterschiedlichen Zeitpunkten schlüpfen, mache eine derzeitige Bestandsaufnahme unmöglich.

Klar ist jedoch, dass auch das Nest in Ihme-Roloven leer bleiben wird. Die Vorsitzende des Nabu Ronnenberg, Karin Maschkowitz betreut die zweite Brutmöglichkeit in der Stadt seit vier Jahren mit ihrem Mann Jan. In diesem Jahr habe es erstmals einen ernsthaften Brutversuch auf ihrem Dach gegeben, berichten Sie. Das Storchenpaar habe sich das Nest mit zusätzlichem Brutmaterial nach eigenen Wünschen eingerichtet. Dem folgten „intensive Paarungsversuche“. Doch vor drei Wochen endeten diese. „Die Vögel nutzen das Nest nur noch als Übernachtungsmöglichkeit“, berichtet Jan Maschkowitz.

Über die Motive der Störche, ihre Familienplanung so abrupt einzustellen, kann man nur spekulieren. Familie Maschkowitz mutmaßt, dass die bis vor Kurzem anhaltenden kühlen Temperaturen in der Nacht gepaart mit zwölf trockenen Wochen ohne Niederschlag eine Rolle gespielt haben. „Anfangs haben die Störche noch in der Nähe Nahrung gefunden“, berichten sie. In dieser Zeit verteidigten sie ihr Heim auch noch gegenüber zwei weiteren Brutpaaren. Der Nahrungsmangel aufgrund der Trockenheit würde auch die erfolglose Paarung wenige Kilometer entfernt in Vörie erklären.

Die Hauptmahlzeit für Storchenbabys sind in den ersten Wochen Regenwürmer und Käfer. In den Ronnenberger Ortsteilen waren diese während der Trockenphase offenbar nicht genug zu finden. Der Beauftragte für Weißstorchbetreuung ist mit Blick auf diese Entwicklung noch nicht alarmiert. „Die Vogelart ist dadurch nicht gefährdet, man kann die Natur frei walten lassen“, sagt er. Erwachsene Störche sind indes als Allesfresser nicht so wählerisch bei der Nahrungssuche: Mäuse, Maulwürfe, Insekten, Müll auf den Deponien oder notfalls auch der Nachwuchs stehen auf der Speisekarte.

Löhmer gibt den Großvögeln trotz der derzeitigen Aufzuchtprobleme eine sehr gute Prognose. „Der Bestand ist hoch, die diesjährigen Nachwuchssorgen machen der Population nichts aus“, sagt der Storchenbeauftragte. „Insgesamt ist alles im Lot, wir müssen abwarten, wie sich alles entwickelt“, so der Fachmann. In den beiden Ronnenberger Standorten wollen sich die ehrenamtlichen Tierfreunde jedenfalls nicht abschrecken lassen.

Auch im kommenden Jahr wollen sie ihre Nisthilfen wieder zur Verfügung stellen und hoffen, dass sich weitere Brutpaare bei ihnen niederlassen.

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