Malte leidet unter einer Mutation des X-Chromosoms. Beim Fragilen-X-Syndrom wird das sogenannte FMRP-Protein nicht produziert. Dieses Protein ist für die normale Entwicklung des Gehirns essenziell. Die Folge: Malte hat Defizite in der Sprache und bei der Konzentration. Motorisch hat er keine Schwierigkeiten.
Schubert spricht offen über die Einschränkungen ihres Sohnes – auch, weil sie anderen Eltern Mut machen will, deren Kinder ebenfalls betroffen sind. Mit dem Down-Syndrom zählt das Fragile-X-Syndrom zu den häufigsten genetischen Ursachen geistiger Behinderung und kann über einen Bluttest festgestellt werden. „Malte hat einen sozialen und emotionalen Stand von einem Kind, das unter drei Jahre alt ist“, erzählt seine Mutter.
Deswegen braucht der Siebenjährige Unterstützung im Alltag, auch in der Schule. Maltes Schulbegleiterin Felice Waibel kommt von der Agentur „Happy Evolution“ aus Barsinghausen – ein junges Unternehmen, das erst vor knapp eineinhalb Jahren gegründet wurde. Der Name des Schulbegleitungsdienstes passt gut, heißt er doch übersetzt „glückliche Entwicklung“. Denn genau darum geht es.
Schulbegleitung ist ein wichtiger Bestandteil der Inklusion, der Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen eine gleichberechtigte Teilhabe am Schulalltag ermöglicht und ihre persönliche Entwicklung unterstützt. Das Einzugsgebiet von „Happy Evolution“ reicht vom Landkreis Schaumburg bis nach Burgwedel. Das Jugendamt der Region Hannover vergibt die Aufträge an den Schulbegleitungsdienst und teilt die Kinder zu, bezahlt auch die Dienstleistung.
Bereits im Alter von zwei Jahren wurde bei Malte festgestellt, dass seine Sprachentwicklung nicht altersgerecht ist. Es folgten über die nächsten Jahre viele Rehamaßnahmen, Therapien, Anwendungen, Untersuchungen – bis schließlich drei Jahre später die Medizinische Hochschule Hannover die endgültige Diagnose stellte.
Zu diesem Zeitpunkt besuchte Malte in Wunstorf einen heilpädagogischen Kindergarten. Man habe dann lange überlegt, wie es weitergeht, berichtet seine Mutter. „Die Erzieher waren dort ganz toll. Klar war, dass es keine Regelschule sein kann“, sagt sie. Schließlich entschied man sich für die Janusz-Korczak-Schule in Springe, eine Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung.
Nun fehlte nur noch die passende Schulbegleitung für Malte. „Ich habe viel im Internet gesucht, aber nichts gefunden“, sagt seine Mutter. Mehr durch Zufall und über ihren Schwager, der bei dem damals gerade erst neu gegründeten Unternehmen an der Bahnhofstraße in Barsinghausen die Telefonanlage installierte, kam der Kontakt zu „Happy Evolution“ zustande.
Schulbegleiterin Waibel begleitet Malte 25 Stunden in der Woche. Der Junge wird von zu Hause in Groß Munzel abgeholt und mit dem Kleinbus zur Schule gebracht. Dort wartet seine Schulbegleiterin dann bereits auf ihn. Waibel ist zufrieden: „Malte entwickelt sich gut, findet Zutrauen und macht Fortschritte in seinem Sozialverhalten“, findet sie.
Die Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter von „Happy Evolution“ sind allesamt motiviert. „Es ist ein Job, aber auch eine Leidenschaft“, sagt Geschäftsführerin und Mit-Unternehmensgründerin Tatjana Spenst. Sie erzählt von einem Fall, als ein Mädchen im Rollstuhl dank der Schulbegleitung auf einen Rollator wechseln konnte. „Wir bedienen jede Diagnose“, betont Spenst. Begleitet werden Kinder und Jugendliche vom Kita-Alter bis zur Volljährigkeit.
Und die Nachfrage ist groß. „Wir bekommen so viele Anfragen – wir könnten sofort 50 Leute einstellen“, sagt der zweite Geschäftsführer von „Happy Evolution“, Marcin Hrynkiewicz. Der Bedarf an Schulbegleitung sei einfach sehr hoch. Aber weil sich eine Schulbegleitung immer nur um ein Kind kümmere, müsse man momentan viele Kinder ablehnen. Da bliebe zunächst dann nur die Warteliste. Aktuell beschäftigt „Happy Evolution“ 19 Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter. Zum neuen Schuljahr sollen weitere hinzukommen.