Stadt mussdrei Kita-Gruppen schließen
Nicht genügend Erzieher: Gehrdens Personalnot resultiert aus Schwangerschaften,Krankheit und altersbedingtem Ausscheiden

Spielgelände: 35 Kinder werden in der Kita II am Bauernweg in Leveste betreut. Sie ist eine der kleinsten Einrichtungen im Stadtgebiet.Foto: Dirk Wirausky
Gehrden. Die Betreuungssituation für Kinder im Krippen- und Kindergartenalter spitzt sich in Gehrden weiter zu. Zum nächsten Kita-Jahr muss die Stadt drei Gruppen schließen. Der Grund sind zunächst Personalausfälle aufgrund von Schwangerschaften, Krankheit oder altersbedingtem Ausscheiden. Zudem entscheiden sich viele Eltern von sogenannten Flexi-Kindern, ihre Kinder noch ein Jahr länger im Kindergarten zu belassen. Das eigentliche Problem aber liegt tiefer: Es mangelt schlicht an ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern, Vakanzen können deshalb nicht nachbesetzt werden. Erst recht nicht kurzfristig.

„Letztes Jahr war die Situation schon angespannt, und es ist nicht einfacher geworden – trotz fallender Geburtenrate und weniger Zuwanderung“, erklärt Bürgermeister Malte Losert (parteilos). Nach aktuellen Erhebungen der Region Hannover zu Kindern im Krippen- und Kindergartenalter liegt die Durchschnittsquote der Flexi-Kinder in den Kommunen bei rund 50 Prozent. Das bedeutet, dass Eltern aufgrund des Geburtsmonats entscheiden können, ob ihr Kind schon eingeschult werden oder noch ein weiteres Jahr in der Kita verbringen soll. In Gehrden jedoch liegt die Quote deutlich darüber: bei mehr als 70 Prozent.

„Das ist eine immens hohe Zahl, die bedeutet, dass nur wenige Kinder aus dem Kindergarten raus wechseln und somit auch nur wenige nachrücken können“, erläutert der Bürgermeister. Es fehlen 15 Krippenplätze und 25 Kindergartenplätze für das Kita-Jahr 2025/2026. Mangels Personal sind Gruppenschließungen laut Losert unausweichlich. Betroffen sind im Gehrdener Stadtgebiet die Einrichtungen Am Nedderntor, Am Castrum und Leveste II. Die betroffenen Eltern sind bereits informiert worden. Losert betont: „Alle bereits betreuten Kinder behalten ihren Platz.“

Anders sieht es für die Eltern aus, die ihre Kinder bereits auf einen Platz beworben haben und nun bangen müssen, keinen mehr abzubekommen. „Viele Eltern sind geschockt und haben Bedenken, wie es weitergeht. Sie fragen sich: Was macht die Stadt jetzt?“, berichtet Lena Grefe, Mitglied des Kita-Elternbeirats. Die verschärfte Lage in der Burgbergstadt stehe in keinem Verhältnis zu dem, wie sich Gehrden nach außen hin verkaufe: mit einem Angebot von der Krippe bis zum Abitur.

Bürgermeister Losert zeigt sich angesichts der Situation resigniert. Lange habe er sich damit gerühmt, dass Gehrden genügend Krippenplätze zur Verfügung stellen könne. Jetzt müsse er seine Aussage revidieren: Durch den massiven Personaleinbruch habe er sein Ziel verfehlt, gibt er unumwunden zu. „Das ist bitter und wurmt mich auch ganz persönlich.“

Um die andauernde Mangelverwaltung langfristig zu lösen, benötigt die Stadt Gehrden dringend mehr ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher. Doch die Konkurrenz ist groß – denn die Burgbergstadt ist mit ihrem Problem nicht allein. „Wir stehen mit anderen Kommunen im Umland im Austausch, und die Lage ist überall gleich“, sagt Kathrin Beil, pädagogische Fachberaterin der Stadt Gehrden.

Der Beruf des Erziehers wird nach Tarif bezahlt. Um Anreize für den Nachwuchs zu schaffen, stellt die Stadt Vergünstigungen bei Jobticket, Freibadeintritt und Fitnessstudio in Aussicht. Hinzu kommt demnächst das Job-Rad. „Aber das machen alle anderen auch. Es gehört quasi schon dazu und wird bei Bewerbungen auch angefragt. Damit stechen wir also nicht heraus“, erklärt Losert die Schwierigkeit, als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Erschwerend hinzu komme, dass die Stadt Hannover mehr bezahle. Wer also beispielsweise in Ronnenberg wohne, entscheide sich möglicherweise schneller, eine Erzieherstelle in der Landeshauptstadt anzunehmen, weil diese 100 bis 200 Euro pro Monat mehr einbringe als im benachbarten Gehrden.

Der Kita-Elternbeirat will das Problem an der Wurzel angehen: „Wir müssen den Beruf insgesamt attraktiver machen und dabei an der Basis anfangen. Ein angehender Erzieher muss fünf Jahre zur Schule gehen und bekommt kein Gehalt“, betont Grefe. Deshalb kämpfe der Kita-Elternbeirat auf Regions- und Landesebene für ein neues Kita-Gesetz. „Wir hoffen, dass die Politik aktiv wird und den Ausbildungsbereich revolutioniert.“

Dessen dringende Reformierung macht auch der Bürgermeister deutlich: „Es herrscht derzeit ein Ungleichgewicht, denn wir dürfen nur Erstkräfte einstellen. Das heißt, eine sozialpädagogische Assistentin, die seit 25 Jahren in ihrem Beruf ist, darf keine Gruppen führen. Wir dürfen nicht quereinstellen. Deshalb lastet auf uns ein großer Druck, und unsere Erzieherinnen und Erzieher laufen auf der letzten Rille.“ Es sei überaus wichtig, dass man sich etwa für Quereinsteiger öffne, denn sonst seien am Ende Kinder und Eltern die Leidtragenden, betont Losert.

Wie es nach den Schließungen weitergehen wird, kann die Stadtverwaltung noch nicht sagen. Sobald man passendes Personal finde und wieder besser aufgestellt sei, könnten Gruppen wieder geöffnet werden. „Wir haben auch Bewerbungen vorliegen. Nur die reichen bei Weitem nicht aus“, so der Bürgermeister.

Wer Fragen zum Thema
Betreuung hat, kann sich bei Fachbereichsleiterin Sandra Dreier unter Telefon (05108) 6404300 oder mit einer E-Mail an kita-elternbeirat-gehrden@ web.de an den Kita-
Elternbeirat wenden.
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