„Wir sind entsetzt“, sagt Karin Barnstorf über das Ergebnis. Die Wennigserin betreut seit vielen Jahren den Krötenzaun an der alten Mühle. Mittlerweile ist der Zaun abgebaut. Trauriges Fazit nach zwei Monaten: Ganze 29 Kröten konnten die Helferinnen und Helfer retten und zu ihren Laichplätzen leiten, dazu neun Frösche und immerhin noch 71 Molche.
Noch schlechter war die Ausbeute am Zaun an der Argestorfer Straße in der Wennigser Kernortschaft, den KGS-Lehrer Peter Hebach-Exner seit Jahren mit seinen Schülern aufbaut. Über Jahre war hier das Regenrückhaltebecken bei der KGS zwischen Gärtnerei Blume und Waldkaterbach ein wichtiges Laichgewässer für die Kröten. Davon kann in diesem Jahr allerdings keine Rede. Inklusive Frösche und Molche landeten nur 35 Amphibien in den Eimern.
„Es ging schon in den Vorjahren kontinuierlich bergab, aber das ist ein neuer Tiefpunkt, der besorgniserregend ist“, sagt Christel Brückner vom Naturschutzbund (NABU) über die Sammelstelle. Zum Vergleich: Der Rekord von 2017 liegt dort bei 2180 Tieren. 2020 konnten noch 641 und im Vorjahr 251 Amphibien gerettet werden.
Warum das diesjährige Ergebnis den Helferinnen und Helfern erst recht zu denken gibt: Anders als in den Vorjahren seien praktisch keine Tiere überfahren worden. „Es waren einfach kaum welche da“, sagt Karin Barnstorf, die am Schutzzaun an der alten Mühle in den vergangenen zwei Monaten nahezu jeden Morgen und noch einmal spätabends nach dem Rechten sah.
Fortsetzung auf Seite 7Einen Grund für den augenscheinlichen Rückgang der Population kann die Tierschützerin nicht mit Sicherheit ausmachen. Sie habe darüber bereits mit einem Amphibien-Fachmann vom NABU aus Hameln-Hessisch Oldendorf gesprochen. Dort sei der Rückgang ähnlich dramatisch.
Vieles spricht für den Klimawandel. Mit ihrer wasserdurchlässigen Haut sind Kröten an Feuchtbiotope gebunden, um zu überleben. „Es hat in den vergangenen acht Wochen aber so gut wie gar nicht geregnet. Ich denke, dass viele Tiere auf dem Weg zu ihrem Laichplatz einfach ausgetrocknet sind“, vermutet Barnstorf.
Wenn der Regen ausbleibt und Feuchtgebiete trocken fallen, gibt es außerdem weniger Insekten. Die Tiere finden also auch weniger Futter.
Dass Fressfeinde der Population übermäßig zugesetzt haben, hält Barnstorf hingegen für unwahrscheinlich. Waschbären, die es im Deister gibt und für die die Kröten am Abfangzaun ein gefundenes Fressen wären, schließt sie jedenfalls aus. Dann nämlich hätte man verstümmelte Kadaver gefunden. Denn Waschbären häuten die Amphibien und lassen sich dann die Innereien und das Muskelfleisch schmecken. Auch das Storchenpaar aus Bredenbeck könne nicht so viele der Tiere vertilgen, dass das Aufkommen im Vergleich zu den Vorjahren derart schrumpft.
Was bleibt, ist die Sorge, dass die Kröten bald ganz aus der Gemeinde verschwinden. Um die Art zu erhalten, sei es früher noch hinnehmbar gewesen, wenn bei der Wanderung nicht alle vor dem Straßentod gerettet werden konnte. „Jetzt wird es um jedes einzelne Tier gehen“, sagt Barnstorf schon mit Blick auf die Laichsaison im kommenden Jahr.