Schließlich sind bereits in zehn Jahren alle sogenannten Babyboomer in Rente. Laut einer Studie des Pestel-Instituts werden dann 33.000 Menschen mehr in Hannover und Umland im Ruhestand sein als heute – insgesamt also rund 264.000.
Bei einem so starken Anstieg dürfte die Nachfrage nach altersgerechten, barrierefreien Wohnungen steigen. Das Pestel-Institut prognostiziert: Bis 2045 sind rund 55.700 Wohnungen mehr nötig, als heute vorhanden sind.
In Gehrden merkt man die angespannte Lage schon jetzt. „Ich weiß, dass es schwierig ist. Deswegen hoffe ich, dass ich noch lange in meinem Haus wohnen bleiben kann“, sagt die Seniorin Ute Röper. Die 85-Jährige lebt in einem Treppenreihenhaus auf vier Etagen. Die Probleme, wenn sie eines Tages nicht mehr so gut zu Fuß sein sollte, sind da vorprogrammiert.
Auch das Ehepaar Brode hofft wegen des angespannten Wohnungsmarktes darauf, noch lange in seiner Mietwohnung im zweiten Stock bleiben zu können. „Man hört immer wieder, dass es schwierig ist“, sagen die beiden.
Wie schwierig genau, weiß die 83-jährige Seniorin B. Hoffmann, die ihren Vornamen nicht nennen möchte. „Ich lebe in einer Eigentumswohnung in der zweiten Etage“, erzählt sie. Das mache ihr zunehmend Probleme. Deshalb schaue sie sich bereits seit längerer Zeit nach einer Einrichtung für betreutes Wohnen um.
„Ich habe bei der AWO nachgefragt, aber da muss man ein bis zwei Jahre warten“, sagt Hoffmann. „Mal schauen, ob ich das überhaupt noch schaffe.“ Für sie käme es mittlerweile deshalb auch infrage, eine passende Wohnung in der Umgebung zu finden. „Ich habe jetzt auch in Barsinghausen und Bad Nenndorf angefragt.“
Nicht nur die AWO bietet in Gehrden seniorengerechtes Wohnen an, auch andere Verbände und Genossenschaften, wie Ostland oder die Norddeutsche Wohnbau GmbH aus Hannover haben barrierefreie Wohnungen in ihrem Portfolio.
Neben der langen Wartezeiten gibt es noch einen anderen Haken. „Ich kann das mit meiner kleinen Rente nicht finanzieren“, sagt Elisabeth Herrmann. Sie finde es gut, wenn neue Wohnungen gebaut werden, allerdings müsse auch an die Menschen gedacht werden, die nur wenig Geld zur Verfügung haben.
Die Stadt Gehrden ist, wie andere Kommunen auch, kein Immobilienunternehmen und verweist auf die privaten Wohnungsbaugesellschaften. „Mit der Ausweisung von Wohnbauland stellt die Stadtverwaltung regelmäßig Flächen zur Verfügung. Die Ausweisung erfolgt zwar nicht zweckgebunden, aber ist auch für die infrage stehende Nutzung zugelassen“, erläutert Stadtsprecher Frank Born auf Anfrage.
Die Norddeutsche Wohnbau GmbH beispielsweise investiert gerade in 38 Eigentumswohnungen am Steintor, die ausschließlich für die Nutzung im Alter bestimmt sein sollen. Wer eine Wohnung kaufen will, muss angeblich mindestens 58 Jahre alt sein.
Hilft das? Was nach dem Verkauf mit den barrierefreien Eigentumswohnungen passiert, lässt sich nicht mehr steuern. Das hält auch das Pestel-Institut für problematisch: „Ein Großteil der altersgerechten Wohnungen wird noch nicht einmal von Älteren bewohnt. Oft nutzen nämlich auch Familien den Komfort einer Wohnung ohne Schwellen, mit breiten Türen, Fluren und Räumen. Denn wo das Leben mit einem Rollator klappt, da kommt man auch mit einem Kinderwagen klar.“ Matthias Günther vom Pestel-Institut erklärt weiter: „Bereits heute brauchen die Stadt Hannover und das Umland rund 41.200 Wohnungen für die älteren Menschen, die nicht mehr gut zu Fuß sind. Doch diese Seniorenwohnungen gibt der Wohnungsmarkt bei weitem nicht her.“ Mit dem Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge werde Hannover deshalb massiv überfordert sein. „Die Region Hannover rast mit 100 Sachen auf die graue Wohnungsnot zu“, so Günther weiter.
Was wäre also zu tun? Katharina Metzger, Präsidentin des Baustoff-Fachhandels, meint: „Es geht um mehr Seniorenwohnungen, die durch Neubau und Sanierung entstehen müssen. Außerdem um mehr bezahlbare Wohnungen und um mehr Sozialwohnungen.“
Die Stadt Gehrden schreibt dazu: „Die Stadtverwaltung ist regelmäßig mit Investoren von entsprechenden Bauprojekten in Kontakt und unterstützt die Vorhaben im Rahmen ihrer Möglichkeiten.“ Weil viele Kommunen aus Geldmangel nicht selbst aktiv werden, fördern Bund und Land unter anderem private Initiativen und genossenschaftliche Ideen. Beratung bietet unter anderem der bundesweit aktive Verein „Forum Gemeinschaftliches Wohnen“, der Hauptsitz ist in Hannover an der Hildesheimer Straße 15.