„Da kann der Biber nichts dafür“
Am Südostrand von Empelde kämpfen Anwohner mit Wasser, das in ihre Häuser eindringt. Ein Teil des Problems sind Biberbauten. Das Gesamtproblem ist aber komplexer.

Empelde. An vielen Stellen der Stadt Ronnenberg kämpfen die Einwohnerinnen und Einwohner damit, dass Wasser aus verschiedenen Gründen in ihre Gebäude eindringt. Starkregenereignisse und einen hohen Grundwasserstand hat die Verwaltung bereits als Ursachen für diese Probleme genannt und erste Maßnahmen eingeleitet, um die Folgen abzumildern. Im Osten Empeldes kommt eine baufreudige Biberfamilie dazu, die den Wettberger Bach anstaut. Doch sind die bedrohten Tiere allein dafür verantwortlich, dass der Graben zwischen Empelde und Hannover-Wettbergen dauerhaft bis nahezu an die Oberkante gefüllt ist?

Bei einem Ortstermin mit Geschäftsführerin Melanie Bruns und Verbandsvorsteher Eckehardt Baumgarte vom Gewässerverband GLV52 erklärt der städtische Ingenieur Benjamin Vogel die Lage am Wettberger Bach: So seien unter anderem in Empelde in den Sechziger- und Siebzigerjahren Häuser viel zu nah an Gewässern gebaut worden. Der Südosten Empeldes grenzt an ein Überschwemmungsgebiet. Die Entwässerung erfolgt über den Wettberger Bach, der schnurgerade in Richtung des namensgebenden hannoverschen Stadtteil fließt.

Und er fließt, auch wenn es am Treffpunkt, einer Wegekreuzung neben einem Regenrückhaltebecken auf den ersten Blick nicht so aussieht. Der Graben des Wettberger Baches ist fast randvoll und augenscheinlich keine Fließbewegung zu erkennen. Mehrere Hundert Meter weit in Richtung Empelde ist die gleiche Situation zu beobachten. Auslöser ist eine Biberfamilie, die bis zur Bundesstraße 217 mindestens drei, vielleicht sogar vier Dämme errichtet hat. Allerdings seien diese Bauten nicht das einzige Problem, sagt Baumgarte. Bei Starkregen habe man vielmehr Probleme, das Wasser durch den Ort Wettbergen zu bringen, sagt er. Dort seien ebenfalls in der Vergangenheit Fehler in der Stadtplanung begangen worden und der Durchfluss inzwischen zu eng.

Nachdem es in den vergangenen Wochen eher trocken gewesen ist, sprudelt in dem Bach dennoch eine beachtliche Menge Wasser am Wettberger Spritzenhaus vorbei – trotz der Biberdämme.

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Auch der Damm am Zusammenfluss von Hirtendamm und Wettberger Bach einige Hundert Meter vom Spitzenhaus zurück in Richtung Empelde wird vom Wasser um- und überspült. Warum wird der Graben bei Empelde dann nicht leerer? Auch dafür hat Vogel eine Erklärung: Das abfließende Wasser wird fortlaufend von nachlaufendem Grundwasser ersetzt. Der Ingenieur beobachtet seit einigen Monaten einen auffällig hohen Grundwasserstand in den Ronnenberger Stadtteilen. „Da kann der Biber nichts dafür“, sagt der Ingenieur.

Aber auch die natürlichen Gegebenheiten täten ihren Teil dazu, sagen die drei Experten. So überwinde der Wettberger Bach auf einer Distanz von rund 5 Kilometern eine Höhe von 8 Metern. Das entspricht einem Gefälle von lediglich 0,167 Prozent, berichtet Vogel. Deshalb fülle der relativ niedrige Damm des Bibers auch eine mehrere Hundert Meter lange Strecke des Baches.

Ein planerischer Fehler aus dem vergangenen Jahrhundert sorgt indes dafür, dass dieser Rückstau für Anwohner der Karl-Serbent-Straße am Ortsrand von Empelde zum Problem wird. Ein Pumpwerk, das das Wohnviertel von überflüssigem Wasser in den Bach schützt, liegt vor der Entwässerung der Straße. Das aufgestaute Wasser drückt deshalb in die Karl-Serbent-Straße zurück.

Was können die beteiligten Akteure gegen diese Probleme tun? Der Kampf gegen den unter Naturschutz stehenden Biber ist an dieser Stelle nicht zu gewinnen. Wenn der Damm am Regenrückhaltebecken an einem Tag herabgesetzt werde, baue der Biber diesen in der Nacht jedes Mal wieder bis auf das alte Niveau auf, berichtet Bruns. Eine tägliche Wiederholung dieser Maßnahme kostete allein 500 Euro Baggermiete. Das sei einerseits wirtschaftlicher Quatsch und andererseits müsse für jede Maßnahme gegen den Biber eine Ausnahmegenehmigung beantragt werden, erläutert die Verbandsingenieurin.

Erfahrung mit den Tieren hat der Verband in den vergangenen Jahren ausgiebig gesammelt. 30.000 Hektar umfasst das vom GLV52 betreute Gebiet mit rund 130 Kilometern Wasserlaufstrecke. „Der Biber ist inzwischen in jedem Bach“, berichtet Bruns.

Doch nur an zwei Stellen habe der GLV52 Probleme mit dem geschützten Tier. Für die Natur sei dies auch sehr positiv, weil viele Arten in seinem Schlepptau in die entsprechenden Lebensräume zurückkehrten, erläutert Bruns.

Dass am Wettberger Bach dennoch Handlungsbedarf besteht, darüber sind sich die Verantwortlichen von Verband und Verwaltung im Klaren. „Das werden aber große und teure Maßnahmen“, stellt Vogel fest. Unter dem Dach des Gewässerverbandes, in dem auch die Kommunen und die Region Hannover Mitglieder sind, könnten die nötigen Kooperationen erdacht werden. „Wenn es aber um konkrete Maßnahmen geht, müssen das die Kommunen umsetzen“, sagt Bruns. Da gehe es um städtebauliche Planungen und um die nötige Finanzierung. Das könne der Verband nicht leisten.

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