Wie Kinder die Welt verbessern wollen
Vorreiter für neues Lernformat:
Die Grundschule Bredenbeck ist die erste ausgezeichnete Botschafterschule Niedersachsens

Die Botschafter aus Bredenbeck: Gemeinsam mit Lehrerin Sina Landoulsi (links) setzen sich die früheren Schülerinnen und Schüler der Grundschule auch weiterhin als Nachwuchsreferenten für die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele ein.Foto: Ingo Rodriguez
Bredenbeck. Sie wollen die weltweiten Probleme nicht tatenlos hinnehmen. Stattdessen engagieren sich rund 20 Jungen und Mädchen aus der Grundschule Bredenbeck für eine bessere Welt. Als Botschafter gehen sie in andere Schulen und geben ihr Wissen über nachhaltige Entwicklung an die Kinder weiter. Aus der Bredenbecker Initiative ist mittlerweile ein landesweites Lernformat entstanden. Dafür ist die Grundschule jetzt zur ersten Botschafterschule in ganz Niedersachsen gekürt worden.

Die zwölfjährige Amina beschreibt ihren Grund für das Engagement mit einer Frage: „Wenn durch den Klimawandel die Polkappen und Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt und immer mehr Land überflutet wird, wo sollen denn dann die Menschen hin?“ Der Klimaschutz ist aber nur ein Punkt von vielen, für den sich die Kinder aus Bredenbeck einsetzen. Vielmehr sind es die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN), die durch ihre Initiative viel mehr Beachtung finden sollen.

Es ist ohne Zweifel ein sehr idealistisches Motiv, dass die Kinder antreibt. Immerhin dienen die UN-Ziele weltweit der Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene.

Doch der Reihe nach: „Begonnen hat alles vor fünf Jahren, als sich zwei zweite Klassen in einem neuen Lernformat spielerisch und aktionsorientiert mit den UN-Zielen beschäftigt haben“, berichtet die Grundschullehrerin Sina Landoulsi. Gemeinsam mit ihr und Lehrerin Marijke Standke erfuhren die Kinder von den großen Visionen der Menschheit: „Keine Hungersnöte mehr, keine Armut, stattdessen weltweiter Frieden, soziale Gerechtigkeit, hochwertige Bildung und Gesundheitsvorsorge“, nennt Landoulsi Beispiele. Die 50-jährige Klassenlehrerin hat das Projekt initiiert.

Zwar sind Schulen ohnehin nach einem Erlass des Kultusministeriums verpflichtet, die UN-Ziele zu vermitteln. In Bredenbeck nahm das Projekt aber eine große Dynamik an, als der Wennigser Julian Fisher der Grundschule seine Unterstützung anbot. Fisher ist Experte für Bildung für nachhaltige Entwicklung. Er doziert an der Charité in Berlin und an der Medizinischen Hochschule Hannover. „Mit ihm haben die Kinder Aktionen durchgeführt“, erzählt Landoulsi.

„Unter anderem erfuhren die Kinder, wie schwer es ist, einen Wassereimer auf dem Kopf zu tragen“, nennt Landoulsi ein Beispiel. Daraus habe sich abgeleitet, wie in manchen Kontinenten gerade Frauen unter harter Arbeit und fehlender Gleichberechtigung leiden. Um die Bedeutung des Umweltschutzes zu erschließen, sammelten die Kinder Müll ein. Zwei Jahre lang setzten sich die Grundschüler so aktionsorientiert mit den UN-Zielen auseinander und entwickelten auch eigene Projekte – jeweils zwei bis drei Schulstunden an einem Unterrichtstag pro Woche.

Ein Zufall sorgte für weitere Dynamik: „Eine befreundete Lehrerin aus Ostfriesland hat uns eingeladen, an ihrer Grundschule die UN-Ziele von den Kindern vorstellen zu lassen“, erzählt Landoulsi. Für die Fahrt entwickelten die Jungen und Mädchen mit ihr eine Präsentation und ein Quiz mit kindgerechten Fragen, um den Grundschülern aus Ostfriesland die Themen näherzubringen.

Das Projekt zog weite Kreise: Einladungen und Präsentationen an Schulen in Gehrden, Springe und Hannover folgten. Landoulsi gab dem Bildungsprojekt einen Namen: „Kinder lernen von Kindern“, nennt sie das Motto. Schnell war auch der Begriff „Botschafterschule“ gefunden. Eine Bildungsstiftung gewährte Zuschüsse für Material und verlieh der „Botschafterschule“ einen Förderpreis.

Was beachtlich ist: Aus den einstigen Kindern der zweiten Klasse sind inzwischen Jugendliche geworden, die längst weiterführende Schulen besuchen. Doch sie machen weiter: Seit gut zwei Jahren treffen sie sich alle sechs Wochen bei Landoulsi in Bredenbeck, um Präsentationen in weiteren Schulen vorzubereiten. „Es lohnt sich, Freizeit zu opfern, um Kindern etwas beizubringen“, sagt die zwölfjährige Janne.

Inzwischen kooperiert die „Botschafterschule“ sogar mit dem Ausbildungsseminar für angehende Lehrkräfte in Hannover, um den künftigen Pädagogen ihr Bildungsmodell näherzubringen. Für Juni sind die Jugendlichen und Landoulsi von der Akademie Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) nach Berlin eingeladen. Der Friedrich-Verlag in Hannover plant, das von den einstigen Kindern entwickelte Nachhaltigkeitsquiz als Unterrichtsmaterial zu produzieren.

Projektleiterin Landoulsi meint: „Die 17 UN-Ziele sollten an jeder Grundschule genauso wie Schreiben, Lesen und Rechnen gelehrt werden.“ Schulleiterin Tatjana Seidensticker ist sehr stolz auf die früheren Grundschüler aus Bredenbeck: „Sie können es wunderbar erklären, wie alles miteinander zusammenhängt.“

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