Ronnenberg hatte seinerzeit eine prominente Lage an der Kreuzung der Heerstraßen Hellweg und einer Nord-Süd-Verbindung (ab 1780 die Chaussee von Hannover nach Hameln, der heutigen B217). Im Jahr 1466 wurde das sogenannte Quartembergericht nach Ronnenberg verlegt, ein wichtiges regionales Gericht, für das Fürst Wilhelm I. von Braunschweig – und auch von Calenberg – die heutige Stadt als Standort ausgewählt hatte. Die Erforschung der Umstände und den weiteren geschichtlichen Verlauf haben sich die Förderkreis-Mitglieder des Ronnenberger Stadtarchivs als erstes größeres Projekt auserkoren, wie der Vorsitzende Axel Sapia jetzt gemeinsam mit Stadtarchivar Matthias Biester erläuterte.
Alle Vierteljahre versammelten sich die Menschen ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts aus dem gesamten Umland in Ronnenberg, um Gericht zu halten. „Da kam eine Menge Volk zusammen“, verdeutlicht Biester. Der genaue Gerichtsort im heutigen Stadtgebiet ist noch nicht bekannt. Aufgrund von Quervergleichen verschiedener historischer Texte glauben Sapia und Biester allerdings, dass es sich um einen größeren Platz gehandelt haben muss. Dieser könnte sich am Rand des Kirchhügels, Am Hagacker, etwa im Bereich des Durchgangs von der Straße Über den Beeken befunden haben. Die Nähe zum Friedhof (damals um die Michaeliskirche herum) sei ein weiteres Indiz dafür. Der dazugehörige Name „Thie“ habe sich bis heute gehalten, stellen sie fest.
Diese und weitere Erkenntnisse über das mittelalterliche Gerichtswesen wollen die Beteiligten auch in einer Ausstellung zusammenfassen. Am 23. Mai ist die Eröffnung im Foyer des Gemeinschaftshauses geplant. Im Stadtarchiv – eine Etage tiefer – planen Sapia und Biester indes, wie sie die Inhalte allgemeinverständlich aufbereiten. „Uns ist es wichtig, dass die Besucher auch die Zusammenhänge verstehen – das ist die größte Herausforderung“, sagt Biester. Letztlich wollen die Forschenden auch die wissenschaftliche Ebene nicht ganz verlassen, wie Sapia ergänzt. Zu der Ausstellung hoffen beide, auch Vorträge anbieten zu können. Auch wollen sie Schulen für ihr Angebot begeistern.
Die Wichtigkeit der Gerichtsstätte führen Sapia und Biester unter anderem darauf zurück, dass Ronnenberg 1527 sogar eine eigene Gerichtsordnung erhielt. Ungeklärt ist allerdings, warum das Landgericht dann schon 19 Jahre später nach Pattensen und später nach Bad Gandersheim vergeben wurde. Darüber seien noch keine Dokumente aufgetaucht. Recht wurde in Ronnenberg danach auch weiterhin gesprochen. Weitere Gerichtsstätten gab es auch im nähere Umfeld, wie zum Beispiel an den sagenumwobenen Sieben Trappen im heutigen Benthe.
Dabei wurden auch Todesurteile verhängt – und auch vollstreckt. Die Flurnamen „Galgenkamp“ und „Paternoster“ im Bereich der Straße Mühlenrär in Ronnenberg künden noch heute von einer Richtstätte aus alter Zeit, die nach römischem Vorbild am Kreuzungspunkt von Hellweg und der heutigen B217 auf dem Ronnenberger Mühlenberg lag.
„Alhie vor Ronnenberg ohnweit der Windmühlen“ (so der Wortlaut einer alten Urkunde) wurde 1763 die letzte Hinrichtung in der heutigen Stadt vollzogen. Zum Tode verurteilt waren zwei Mörderinnen von einer Hofstelle in der Veddel. Die Frauen wurden zunächst gerädert und dann gevierteilt. Die Bevölkerung musste dieser Prozedur auf dem Vorfeld der Richtstätte in Sichtweite der heutigen Felsenburg beiwohnen.
Den Unterschied zwischen den verbreiteten Gerichtsstätten und dem Ronnenberg Land- oder Quartembergericht von 1466 bis 1546 herauszuarbeiten, gehört zu den Inhalten, die Sapia und Biester auf den Stellwänden ihrer Ausstellung zeigen wollen. Allen Beteiligten war von Beginn an klar, dass es sich unbedingt um eine Wanderausstellung handeln müsse. Angedacht ist auch, die Stellwände mit historischen Gegenständen – beispielsweise einem zeitgenössischen Henkerbeil – anzureichern.
Weitere Gedankenspiele zu der Ausstellung beinhalten eine Kooperation mit Ronnenbergs Partnerstädten Duclair in Frankreich und Swarzedz in Polen. Um die Ausstellung dort zeigen zu können, müsste diese auch in die entsprechende Landessprache übersetzt werden. Viel Aufwand für die Mitglieder des Fördervereins, das räumt auch Sapia ein. „Aber es macht auch Spaß, das alles zu entwickeln“, sagt er.