„Erbsenproteinfabrik wäre eine Chancefür die Landwirtschaft gewesen“
Nach dem Nordzucker-Baustopp in Groß Munzel scheinen Verträge mit den Landwirten noch sicher zu sein.Gelingt im zweiten Anlauf ein wirtschaftliches Konzept?

„Die Erbse passt sehr gut in unsere Ackerbauregion als zusätzliche Kultur“: Landwirt Jan Warneke aus Landringhausen.Foto: privat
Groß Munzel. Landwirt Jan Warneke aus Landringhausen kann es schon so deutlich sagen: „Diese Erbsenproteinfabrik wäre eine neue Möglichkeit für uns gewesen, eine Chance für die Zukunft. Die Erbse passt sehr gut in unsere Ackerbauregion als zusätzliche Kultur.“ Deswegen sei es mehr als schade, dass Nordzucker dieses Projekt nun vorerst gestoppt habe.

Vor wenigen Tagen hatte der Konzern bekannt gegeben, dass das Bauvorhaben in Groß Munzel aus wirtschaftlichen Gründen verschoben werde. Erst im November fand der offizielle erste Spatenstich für die Fabrik statt. Ursprünglich war geplant, dass dort ab Mitte 2026 Erbsenprotein produziert wird. Dafür wollte die Nordzucker AG 100 Millionen Euro in die Produktion pflanzenbasierter Proteine investieren.

Nun aber die Notbremse. Grund sei die aktuelle Marktlage. Der Markt für pflanzliche Proteine wächst dem Unternehmen zufolge geringer als erwartet. Hinzu kämen zusätzliche Importe – insbesondere aus China infolge von US-Zöllen auf chinesische Waren. Deswegen gebe es in Europa Überkapazitäten und sehr niedrige Preise.

Die gute Nachricht ist: Die Landwirte bleiben nicht auf der Ernte sitzen. „Die Nordzucker steht zu ihren Verträgen und erfüllt die vereinbarten Konditionen“, bestätigt Warneke, der wie alle betroffenen Landwirte per Schreiben darüber informiert wurde, dass der Baubeginn vorerst verschoben werde.

Die LA Agrarpartner GbR in Landringhausen, wo er einer von vier Gesellschaftern ist, hat einen Ein-Jahres-Vertrag mit Nordzucker über die Lieferung von Körnererbsen abgeschlossen. „Wir hatten uns darauf beworben und den Zuschlag bekommen.“ An alle Vertragspartner seien von vornherein nur einjährige Verträge herausgegangen, wahrscheinlich auch, um die Mengen zu disponieren.

Rund 30 Hektar Proteinerbsen will der Landringhäuser Agrarbetrieb anbauen. Aussaat ist ab März, geerntet wird im Sommer. Warneke kalkuliert mit etwa 150 Tonnen Ertrag, einlagern muss er die Erbsen dann zunächst auf dem eigenen Hof. Dies sei aber ohnehin Gegenstand des Vertrages gewesen, sagt er. Denn so oder so hätte Nordzucker ihre Silos dieses Jahr noch nicht stehen gehabt.

Die Erbse sei im Grunde genommen genauso lagerfähig wie Getreide, sagt Warneke. Man müsse sie aber schonend transportieren und auch einlagern, um Bruchkorn und damit in Folge auch Qualitätsverluste zu verhindern. Ideal für den Erbsenanbau sei zudem eine ebene, steinfreie Fläche. Denn um auch weit unten hängende Hülsen zu erreichen, müsse das Schneidwerk bei Erbsen sehr flach am Boden geführt werden, erklärt Warneke. Eingezogene Steine könnten den Mähdrescher beschädigen.

„Das Problem bei der Erbse ist, die Vermarktung ist schwierig“, sagt der Landwirt aus Landringhausen. Es gebe kaum einen Markt für die Erbse. Aufgrund ihres hohen Proteingehalts ist die Erbse zwar ein wertvolles Futtermittel. Aber im Tierfutter sei die Erbse nicht wirtschaftlich, sagt Warneke. „Erst mit dem Angebot der Nordzucker wurde ein Preis veranschlagt, der so interessant war, dass wir das wirtschaftlich auch gut darstellen können. Deswegen haben wir uns dafür entschieden.“

In dieser Hinsicht sei die Entscheidung der Nordzucker AG – vor allem perspektivisch – natürlich bedauerlich. Auf der anderen Seite müsse er aber genauso deutlich sagen: „Wir als Landwirte sind auch Eigentümer der Nordzucker. Und wenn sich das Ganze nicht wirtschaftlich darstellen lässt, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um nicht zu bauen“, findet Warneke.

Auch Landwirt und Nordzucker-Aktionär Arnd von Hugo aus Groß Munzel als Vorsitzender des Landvolks Hannover sieht das so. Grundsätzlich müsse man nun natürlich sehen, was an Geld gegebenenfalls schon investiert wurde und dann eben auch verloren sei, sagt er. „Auf der anderen Seite muss man aber auch ganz klar sagen, wenn sich abzeichnet, dass so eine Investition nicht rentabel ist, ist es besser, man zieht die Reißleine lieber früh als zu spät“, findet er.

Seriös bewerten ließe sich die Situation derzeit allerdings noch nicht. „Dazu fehlen uns in der Fläche einfach auch die Informationen“, betont von Hugo. Große Hoffnung wäre, sagt er weiter, dass es Nordzucker nun im zweiten Anlauf gelinge, ein wirtschaftliches Konzept auf die Beine zu stellen.

Das Unternehmen hält nach eigenen Angaben an der Fabrik in Groß Munzel fest. Man sehe weiterhin Potenzial für Nordzucker in diesem Markt und arbeite daran, das Konzept an die aktuellen Marktbedingungen anzupassen. Weitere Details nannte der Konzern mit Sitz in Braunschweig auf Anfrage nicht. Fragen beispielsweise nach einem neuen Termin für einen Baubeginn, möglichen veränderten Investitionen und dem erwarteten Betriebsstart könnten aktuell nicht beantwortet werden, heißt es seitens des Unternehmens.

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