In den drei Lehrjahren hatte er bereits zu mehr toten Menschen Kontakt als die meisten Hundertjährigen in ihrem gesamten Leben. Carlo Bull sagt: „Man braucht eine gewisse Resilienz, um den Beruf ausüben zu können. Besonders herausfordernd waren für mich die ersten Beerdigungen von Gleichaltrigen.“ Normalerweise schaffe er es, die Arbeit hinter sich zu lassen, wenn er zu Hause nach Feierabend die Kleider wechsele. An dem Tag, an dem er das erste Mal einen 14-jährig Verstorbenen begleitete, gelang ihm das nicht. Da kreisten die Gedanken. Wie wäre es, wenn ich an seiner Stelle läge?
Ähnlich schwer sei es gewesen, als die Großmutter des 21-Jährigen starb: „Das war kurz nach dem Beginn meiner Ausbildung. Und da vermischten sich plötzlich zwei Dinge: Das Professionelle und das Private. Während ich meine Oma nach ihrem Tod so eng begleitet habe, ist mir das schon schwergefallen. Aber heute hilft mir die Intensität des Abschiednehmens sehr, wenn ich an sie denke.“ Wie schafft man es, in dem Alter schon so stark zu sein? Woher nimmt der 21-Jährige diese innere Ruhe und Gelassenheit?
„In diesen Momenten braucht man Halt. Den finde ich bei meiner Freundin, bei meinen Eltern und bei meinem Chef. Hier gibt es keine Tabus, ich kann mit ihnen über alles reden und natürlich hilft auch das Wissen aus der Ausbildung.“, erklärt Bull. In seiner Freizeit höre er gerne Musik und spiele Gitarre („Die 70er und 80er sind genau mein Ding. Rap eher weniger“), gucke fern („alle möglichen Serien und Filme“) und koche („mit meiner Freundin“). Hier ist er wie dieWas uns noch einmal zu der Eingangsfrage zurück bringt: Kann so ein junger Mensch überhaupt schon ein guter Bestatter sein? Bulls Chef Kai Rohlfes sagt: „Auf jeden Fall. Carlo ist sehr talentiert. Er ist respektvoll, professionell, einfühlsam und lernbereit. Die Rückmeldungen von Angehörigen, die er betreute, sind durchweg positiv. Er ist die ideale Besetzung für unser Bestattungsunternehmen.“ Neben den beiden gehören noch drei weitere Personen zum Stammteam von Rohde + Rohlfes Bestattungen in Gehrden; eine weitere Bestatterin stößt am 1. März dieses Jahres dazu. Rohlfes sagt: „Sie wird uns durch ihre Expertise im Bereich der Begleitung von Menschen in besonders herausfordernden Zeiten noch einmal neue Impulse geben.“
Was gibt es noch aus dem traditionsreichen Familienunternehmen aus Gehrden zu berichten? Rohlfes antwortet: „Wir haben viel vor.“ Er plane bereits seit einem Jahr einen größeren Umbau am aktuellen Standort in Gehrden. Dort soll ein Raum für die Verstorbenenfürsorge eingerichtet werden sowie ein Abschiedsraum für individuelle Abschiede entstehen. Rohlfes sagt: „Raum und Zeit – sind uns unendlich wichtig. Beides möchten wir den Menschen auf ihrem