Der Vorfall passierte im August 2024. Hein und seine Frau sind zwischen Kirchdorfer Bahnhofund Übergang am Rottkampweg auf dem Weg entlang der Gleise spazieren gegangen, als sie jemanden hilflos auf den Gleisen liegen sehen. Der Mann ist schwer gestürzt und blutüberströmt. Geistesgegenwärtig springt Hein ins Gleisbett und hievt den 86-Jährigen in die Höhe. Es sind nur Sekunden, bevor der Zug heranrauscht. „Ich spürte den Luftzug der S-Bahn in meinem Rücken. Diese Bilder habe ich immer noch im Kopf“, sagte Heine beim Neujahrsempfang. Hinterher stellte sich heraus, dass der 86-Jährige betrunken gewesen war und offenbar an Demenz leidet. Inzwischen soll er in einer entsprechenden Einrichtung leben.
Auch Hein verletzte sich bei der Aktion, kam mit Blessuren am Arm und Schürfwunden ins Krankenhaus und war mehrere Wochen krankgeschrieben. Hier hätte sich der Lebensretter mehr Unterstützung und Hilfe gewünscht. Spätabends hätte er sich ein Taxi suchen und auf eigene Kosten damit vom Krankenhaus nach Hause fahren müssen. Die Krankenkasse teilte ihm später mit, dass er auch die Fahrt mit dem Rettungswagen anteilig zahlen müsse. Für diese Kosten kommt jetzt die Barsinghäuser Bürgerstiftung auf. Barsinghausens Polizeichef Ludger Westermann hatte Hein für den Zivilcourage-Preis vorgeschlagen. „So ein selbstloser Einsatz ist nicht alltäglich und schon gar nicht selbstverständlich“, so Westermann bei der Preisübergabe während des Neujahrsempfangs.
Mit über 400 geladenen Gästen aus Wirtschaft, Schulen, Kultur, Kirchen, Politik, Feuerwehr, Vereinsleben und Ehrenamt wurde am Sonntag im Schulzentrum Am Spalterhals auf das neue Jahr angestoßen. Das Motto, unter dem auch das ganze Jahr 2025 in Barsinghausen stehen soll: „Ehrensache Ehrenamt“.
„Das Ehrenamt ist eine starke Säule der Stadtgesellschaft“, stellte Bürgermeister Schünhof heraus und hatte Zahlen parat. Allein 5000 Stunden Vorstandsarbeit seien in den Barsinghäuser Vereinen letztes Jahr ehrenamtlich geleistet worden. Hinzu kämen unzählige weitere Stunden von anderen ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern. Auch bei der Bundestagswahl am 23. Februar werden viele Ehrenamtliche helfen. Schünhof bedankte sich bei den Stiftungen und Gewerbetreibenden, die das Ehrenamt durch Spenden und Sponsoring unterstützen, wo es die Kommune nicht mehr kann.
Auch der eingeladene Vorstandsvorsitzende der Freiwilligenakademie Niedersachsen, Tibor Herzceg, lobte das Engagement der Ehrenamtlichen in Barsinghausen. Durch die Corona-Krise habe das bürgerschaftliche Engagement bundesweit gelitten, in Niedersachsen seien die Zahlen mit 3,2 Millionen ehrenamtlich engagierten Menschen in über 32.000 Vereinen aber noch weitestgehend stabil. Wichtig aus Herzcegs Sicht: „Wenn Menschen ihre wertvolle Lebenszeit sinnstiftend im Ehrenamt einsetzen, müssen sie auch Wertschätzung und Anerkennung erfahren.“
Eine attraktive Auszeichnung, um herausragendes Engagement zu würdigen, ist die Ehrenamtskarte. Bei ihrem Neujahrsempfang händigte die Stadt 15 davon aus. Wer die goldene Karte besitzt, bekommt in Niedersachsen und Bremen inzwischen in über 2550 Geschäften und öffentliche Einrichtungen wie Bädern, Büchereien und Museen, Rabatte. In Barsinghausen machen unter anderem Elan, BAZ, Deister-Freilicht-Bühne, Besucherbergwerk, VHS, Stadtbücherei, Top-In, Glückauf-Apotheke und dm-Drogeriemarkt mit.
Die Ehrenamtskarte kann rein digital über den Freiwilligenserver Niedersachsen beantragt werden. Wer über 18 Jahre alt ist und sich seit drei Jahren pro Woche mindestens fünf Stunden oder 250 Stunden im Jahr unentgeltlich engagiert hat, kann die Ehrenamtskarte bekommen. Alternativ reicht der Einsatz bei einer Feuerwehr und eine abgeschlossene Truppmannausbildung I oder eine Aktivität als Einsatzkraft im Katastrophenschutz oder im Rettungsdienst mit abgeschlossener Grundausbildung. Darüber hinaus können auch Inhaberinnen und Inhaber einer Jugendleiter-Card eine Ehrenamtskarte erhalten.
Einen Neujahrsempfang gibt es in Barsinghausen erst wieder seit zwei Jahren. Um wieder mehr miteinander ins Gespräch zu kommen, hatte die Stadt diese Veranstaltung nach über 20 Jahren Pause wieder aufleben lassen. Besonders Barsinghausens Ehrenbürger Rosemarie Struß, Dieter Lohmann und Karl Rothmund hatten sich sehr dafür eingesetzt, dass die Stadt dieses wichtige gesellschaftliche Zusammentreffen wieder einführt.