Energieschübe in Barsinghausen
Der Photovoltaik-Ausbau boomt, 710 Anlagen wurden allein im vergangenen Jahr installiert.
Der Verein „Basche erneuerbar“ leistet Überzeugungsarbeit bei den Bürgern.

Basche erneuerbar: Michael Pöllath (von links), Gerd Köhler und Udo Sahling. Engagiert für den Klimaschutz: Michael Pöllath (von links), Gerd Köhler und Udo Sahling von Basche erneuerbar. Foto: Jennifer Krebs
Barsinghausen. Barsinghausen holt beim Ausbau erneuerbarer Energien gewaltig auf: 2024 gingen 710 Photovoltaik-Anlagen neu ans Netz – das sind 83 Anlagen mehr als 2023.

Was den Schub in Barsinghausen bringt: „Es sind die Eigenheimbesitzer, jeder einzelne von ihnen mit seiner kleinen, durchschnittlich Acht-bis-zehn-Kilowatt-Anlage auf dem Dach“, sagt Gerd Köhler von „Basche erneuerbar“. Die Botschaft des Klimaschutzvereins: Ohne die Bürgerinnen und Bürger geht es nicht. Vor allem die Veranstaltungen und auch die Beratung, die „Basche erneuerbar“ anbietet, sind dabei eine große Hilfe und effektiv. „Hier geht es nicht nur um die Theorie, sondern Hand in Hand mit heimischen Handwerksbetrieben um sofortige Umsetzungsmöglichkeiten“, sagt Köhler.

Der Verein „Basche erneuerbar“ hat ausgerechnet: Seit 2000 wurden in Barsinghausen insgesamt PV-Anlagen mit etwa 26.200 Kilowatt Anlagenleistung installiert. Damit können unter optimalen Bedingungen 20.900.000 Kilowattstunden (kWh) Strom erzeugt werden. Damit sei aktuell die Photovoltaik bezogen auf die Stromerzeugung weit an den fünf kleinen Windenergieanlagen im Stadtgebiet vorbeigezogen. Zum Vergleich: Ein Standardhaushalt hat einen jährlichen Verbrauch von etwa 4000 kWh.

Noch vor drei Jahren war Barsinghausen im Regionsranking fast ganz hinten. Laut Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen, die die Statistik macht für die Region Hannover, steht die Deisterstadt inzwischen aber auf Platz zwei, was die Anzahl der PV-Anlagen angeht. Besser ist nur Neustadt am Rübenberge, das wegen der riesigen Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen der Landwirte auch schon vor 20 Jahren an der Spitze war

Seinen ersten Solartreff organisierte „Basche erneuerbar“ vor knapp zwei Jahren. Alleine im ersten Jahr des Vereinsbestehens folgten sieben weitere Veranstaltungen. Zu jeder kamen immer zwischen 60 und 100 Gäste. „Gerade als die Diskussion um das Heizungsgesetz auf Hochtouren lief und viele selbst ernannte Ratgeber die Menschen verunsicherten, haben wir mit unserem Beratungsangebot für Klarheit gesorgt und den Gebäudebesitzenden konkret weitergeholfen“, sagt Udo Sahling. Keine Heizanlage müsse aus dem Keller gerissen werden. Der nächste Solartreff, wo man Fragen loswerden kann und bei dem auch PV- und Heizungsfirmen dabei sind, findet am 24. April in der Kulturfabrik Krawatte statt.

Photovoltaik sei so günstig wie nie, Module wie auch Speicher, sagt Köhler. Interessant für alle Reihenhäuser findet er die kompakten Teile, die Solarstrom und Wärmepumpe in eins sind: Vorne wird Sonnenlicht in Strom umgewandelt, hinten auf der Rückseite der PV-Module die Umgebungswärme aufgenommen. „In der Technologie tut sich ganz viel“, sagt Köhler.

Ziel und Zeitraum sind definiert: Barsinghausen soll in der Gesamtbilanz energieautark werden – und das möglichst schon bis Ende 2026, hat sich „Basche erneuerbar“ vorgenommen. Mit anderen Worten: Der Strom, der in der Stadt verbraucht wird, soll in Zukunft mit alternativen Energien auch vor Ort produziert werden, sodass sich die Stadt selbst versorgen kann. Der gesamte Stromverbrauch in Barsinghausen liegt bei 150.000.000 Kilowattstunden.

„Barsinghausen quo vadis?“ (lat. Wohin gehst du?) hatte „Basche erneuerbar“ vor einem Jahr in einer Veranstaltung mit dem Klimapionier Hans-Josef Fell gefragt. Und der Bürgermeister hatte stellvertretend für den Rat der Stadt versprochen, die Arbeit des Vereins zu unterstützen. Das geschah praktisch mit einer kleinen Förderung und vor allem aber durch die angekündigte politische Kehrtwende bei der Windenergienutzung. Inzwischen wurde vom Rat für zwei Flächen, eine bei Nordgoltern, die andere bei Ostermunzel, grünes Licht für eine F-Planänderung zugunsten der Windenergienutzung gegeben.

Denn ohne eine deutliche Steigerung der Windenergienutzung könne der heutige Strombedarf von Barsinghausen bilanziell nicht annähernd erneuerbar gedeckt werden, schon gar nicht der gesamte Energiebedarf für Strom, Wärme und Mobilität. „Und da müssen wir hin, wenn Klimaschutz ernsthaft umgesetzt werden soll“, erklärt Michael Pöllath, Vorstandsmitglied von „Basche erneuerbar“ und zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Energiegenossenschaft Calenberger Land (ENER:GO). Die enge Zusammenarbeit mit der ENER:GO macht es zugleich möglich, dort zu helfen, wo das Kapital für den Bau einer PV-Anlage fehlt, wie beim Kulturzentrum oder der Marienkirchengemeinde, die solche Projekte nicht mit Eigenmitteln stemmen können.

Die Anlage auf dem Dach der Mariengemeinde soll vor dem 31. Januar betriebsbereit sein. Denn danach sinken die gesetzlich festgesetzten Strom-Einspeisevergütungen. Gebaut wird eine kleinere Anlage für den Eigenstromverbrauch für die Kita Marienkäfer und das Gemeindehaus sowie eine größere Anlage mit voller Netzeinspeisung. Dieses Modell sei auch auf anderen öffentlichen Dächern möglich. Sporthäuser, Schulen, Feuerwehren: „Basche erneuerbar“ steht mit der Stadt im Gespräch.

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