Diese vier Hausärztetun sich jetzt zusammen
Carsten Rädisch, Tanja Bauer-Ndoumbe, Erika Pagallies und Folker Siebertwollen die Versorgung in Egestorf sicherstellen und Kräfte bündeln

Neues Team: Carsten Rädisch (von links), Tanja Bauer-Ndoumbe, Erika Pagallies und Folker Siebert legen ihre Praxen zusammen.Foto: privat
Egestorf. Aus zwei mach eins: Hausarzt Carsten Rädisch aus Egestorf und Tanja Bauer-Ndoumbe tun sich mit ihren Kollegen Erika Pagallies und Folker Siebert zusammen. Für beide Praxen haben sich Käufer gefunden, die daraus nun ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) machen. Dort sind die vier Hausärzte aus Egestorf dann angestellt. Die neue Gemeinschaftspraxis eröffnet zum 1. Januar 2025 an der Stoppstraße 16. Siebert und Pagallies waren dort bislang schon ansässig. Die Räume werden gerade modernisiert und angepasst für den neuen Gemeinschaftsbetrieb.

Die Entscheidung, zu verkaufen, ist reiflich überlegt. Rädisch ist seit 25 Jahren niedergelassen in Barsinghausen. „Unser Ziel ist es, die wohnortnahe und hausärztliche Versorgung vor Ort sicherstellen. Mit dem Verkauf ist dies gewährleistet. Nicht nur Egestorf, auch Nienstedt, Langreder und die Wennigser Mark gehören zu unserem Einzugsgebiet“, sagt der 58-Jährige. Sonst, sagt Rädisch, wären Pagallies und Siebert irgendwann in den Ruhestand gegangen, genauso wie er. Die Praxen wären dann wahrscheinlich geschlossen worden, weil man keinen Nachfolger gefunden hätte. Rädisch weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, hier jemanden zu finden. Er habe lange gesucht, sagt er, ehe seine Kollegin Bauer-Ndoumbe zusagte, es auf dem Land zu versuchen.

Die Gründe, warum vor allem niedergelassene Ärzte im hausärztlichen Bereich Schwierigkeiten haben, einen Nachfolger zu finden, sind vielfältig: Budgetierung, zunehmende Bürokratisierung und eine schwache Infrastruktur auf dem Land gehören dazu. Dabei stünde Barsinghausen, was die ärztliche Versorgung angeht, an sich noch ganz gut da, sagt Rädisch. In Barsinghausen gibt es derzeit zehn Hausarztpraxen, in denen oft mehrere Ärzte arbeiten. Zuletzt seien zwar einige Ärzte in Rente gegangen wie Jitka Ostermann. Ihre Praxen wurden aber übernommen. „Da haben wir wirklich Glück gehabt“, sagt Rädisch und kennt ganz andere Beispiele. Seine Schwester wohne in Gifhorn, sein Bruder im Speckgürtel von Hamburg. Selbst dort, gerade mal zwölf Kilometer von Hamburg entfernt, gebe es Arztpraxen, die nicht nachbesetzt würden, erzählt er.

Rädisch möchte sich in Zukunft noch stärker auf die Palliativmedizin konzentrieren, was er seit zehn Jahren zusätzlich macht. „Gerne hätte ich die Praxis weitergeführt, und habe mit Frau Bauer-Ndoumbe eine hervorragende Ärztin gefunden“, sagt er. Nur: Es rechnet sich nicht. „Auch bei uns sind die Kosten davongelaufen“, sagt Rädisch. Und so habe er vor der Wahl gestanden, die Patientenzahlen hochzulegen („wir bekommen seit Jahren Anfragen und nehmen keine Neupatienten mehr auf“) und dann in derselben Zeit („die Personalkosten dürften dabei natürlich nicht steigen“) deutlich mehr Patienten zu behandeln. „So hätte ich wieder wirtschaftlich werden können, wollte es aber auf diese Weise nicht“, sagt Rädisch. Gerade erst habe ihm wieder ein Patient gesagt, wie sehr es ihn freue, dass er Zeit für die Patienten habe.

Rädisch bedauert: „Wenn man sich um Kranke kümmern will, wird man in diesem pauschalisierten System bestraft.“ Zuwendung zum Patienten koste Zeit. Doch diese zusätzliche Zeit werde nicht zusätzlich adäquat vergütet. Für ein zehnminütiges Gespräch mit einem Patienten gibt es laut Vergütungssystem für ärztliche Leistungen 11 Euro nach Budgetbereinigung, das sei ein Stundenlohn von 66 Euro, rechnet Rädisch vor. Wie solle das gehen? Und für den 23-jährigen Studenten, der wegen Rücken herkäme und drei Tage krankgeschrieben werde, bekäme er dasselbe Budget wie für einen alten Menschen mit Diabetes und einer koronaren Herzkrankheit. Hausbesuche würden mit 28,48 Euro vergütet. Trotzdem „wollen und werden wir die Menschen, die nicht mehr mobil sind, weiterhin zu Hause versorgen“, betont Rädisch. „Wir brauchen eine bessere Steuerung und eine deutlich bessere Vergütung, die auch nach dem Aufwand geht“, fordert der Allgemeinmediziner und erwartet hier aber gleichzeitig auch von der Gesellschaft ein Umdenken. Nicht jeder Schnupfen müsse zum Arzt. „Wir brauchen ein Gefühl für Krankheit und Gesundheit“, sagt Rädisch.

Im neuen MVZ in Egestorf wollen die Hausärzte aus Egestorf die Kräfte bündeln. „Wir vier Ärzte in Egestorf und die Teams organisieren uns aktuell mit unseren neuen Chefs, um aus unseren zwei Praxen eine zu machen“, sagt Rädisch. Ziel sei es, weiterhin für die Patienten da zu sein und nah zu bleiben.

Was Rädisch und auch seinen Kollegen wichtig war: Die Investoren sind nicht berufsfremd. Henrike Wittum und Thomas Eriksen sind selber Hausärzte mit eigenen Praxen. Sie betreiben inzwischen elf moderne Arztpraxen im Landkreis Schaumburg, im Kreis Hameln-Pyrmont und in der Region Hannover mit über 30 Fachärzten für Allgemeinmedizin und Innere Medizin sowie mehr als 80 Medizinischen Fachangestellten.

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