Ein schwarzer Tag für die US Air Force
Vor 80 Jahren wurde ein amerikanischer Bomber über Gehrden abgeschossen:Hobbyhistoriker trägt Berichte zusammen

Schwere Maschine: Ein solcher US-Liberator-Bomber ist Ende November 1944 bei Gehrden abgestürzt.Foto: National Museum of the USAF
Gehrden. Der 26. November 1944 war ein schwarzer Tag für die 491. Bombergruppe der US Air Force. Beim Tagesangriff auf die Erdölraffinerien in Hannover-Misburg verloren die Amerikaner 35 Bomber, 15 davon allein im Raum zwischen Deister und Weser. Ein Flugzeug explodierte einen Kilometer südlich von Gehrden über der Feldmark, in der Nähe der damaligen Franzburg.

Dieser Black Day der 8. US Air Force im Zweiten Weltkrieg, der auch für die deutsche Luftwaffe mit hohen Verlusten verbunden war, jährt sich nun zum 80. Mal. Informationen dazu hat der Gehrdener Heimatforscher Rainer Piesch zusammengetragen. Als Quelle diente ihm unter anderem das Niedersächsische Hauptstaatsarchiv Hannover. Dort stieß er auch Nachforschungen, die John Meurs, Jahrgang 1935, vor mehr als 20 Jahren zu diesem Tag angestellt hatte. Der gebürtige Holländer wollte eine Dokumentation über die Abstürze der 35 US-Bomber erstellen.

Meurs hatte erfahren, dass sich einer dieser Abstürze etwa ein Kilometer südlich von Gehrden ereignet hatte. Ihm war auch bekannt, dass es ein B-24-Liberator-Bomber mit dem Namen „The Moose“ war, der in North Pickenham in England stationiert war. Weil das Geschwader der 491. Bombergruppe zu spät über dem Zielgebiet ankam, war die Gruppe für eine gewisse Zeit ohne eigenen Jagdschutz.

Die deutsche Luftwaffe nutzte diese Lücke, um mit voller Kraft anzugreifen. Neun Flugzeuge wurden abgeschossen, weitere sechs Bomber schwer beschädigt. An diesem Tag verlor die Bombergruppe 15 von 29 Flugzeugen. Die „The Moose“ wurde getroffen von 20-Millimeter-Geschossen. Fünf Männer in der hinteren Sektion des Flugzeuges starben sofort. Die anderen Besatzungsmitglieder konnten sich durch Fallschirmabsprünge aus der Maschine retten und gerieten im Raum Ihme-Roloven, etwa sechs Kilometer von der späteren Absturzstelle des Bombers, in Gefangenschaft. Das Flugzeug explodierte zweimal und stürzte in der Nähe Gehrdens ab.

In dem Gehrdener Georg Weber fand Meurs laut Piesch einen Zeitzeugen, und es ergab sich ein Schriftverkehr. Weber, er war 1944 gerade 14 Jahre alt, war Lehrling bei der Stadtverwaltung und zugleich Landwachtmann, der dem Bürgermeister Ottomar von Reden und dem Polizisten Heinrich Remmers mit jungen Jahren zur Seite stand. Er berichtete Meurs, dass er an dem Sonntag auch mit zur Absturzstelle musste und dort zum ersten Mal Leichen sah. Auch beim Abtransport der toten Piloten, die in schweren Overalls steckten, musste er mithelfen. Wehrmachtsangehörige holten die Leichen wenig später ab.

Ein Augenzeuge der Abstürze war Friedrich Kirchhoff, der auf Fronturlaub war. Er berichtete der örtlichen Polizeibehörde, dass er den Luftkampf und die vom Himmel fallenden Trümmer des Bombers gesehen habe. US-Piloten, so ergänzte er, seien an ungeöffneten Fallschirmen zu Boden gefallen.

Warren Moore, der Pilot des B-24-Bombers „The Moose“ erinnerte sich: „Unser B-24 wurde seitwärts von der Bombenluke bis zum Heck durchlöchert. Die fünfköpfige Crew war sofort tot. Es entstand Feuer im Bombenschacht. Die Tragflächen blieben aber noch verschont. Da gab ich das Signal zum Aussteigen und hatte aber keine Zeit mehr, den Autopiloten zu setzen. So konnte ich das Flugzeug nur noch halten, bis die restlichen vier Besatzungsmitglieder mit ihren Fallschirmen das Flugzeug verlassen hatten. Ich stieg als Letzter aus. Wenig später explodierte die Maschine zweimal.“

Der Bomber stürzte nahe der Scheune auf dem Grundstück der Familie von Reden ab. Auch heute steht dort noch eine große Scheune an der Zufahrt zum Grundstück. Dahinter befinden sich die Pferdekoppeln, dort stürzte die Liberator ab.

Ein Fallschirm landete hinter dem Gehrdener Berg in Richtung Redderse. Das Besatzungsmitglied war jedoch nicht mehr am Leben. Ein Redderser Einwohner fand in der Nähe des Amerikaners dessen goldene Armbanduhr. Im Deckel der Uhr, die der damalige Rathausangestellte Georg Weber sen. erhielt, fanden sich die eingravierten Initialen „FHR“, vermutlich vom Eigentümer „Sergeant Francis Hawkins“. Zusammen mit anderen Unterlagen ging sie schließlich an das Niedersächsische Landesarchiv.

„The Moose“ war nicht das einzige Flugzeug, das während des Zweiten Weltkriegs bei Gehrden abgestürzt ist. Bereits am 9. März 1944 war in Gehrden ein B-24-Bomber abgestürzt. Er schlug nach einem Sinkflug über die Stadt auf einem Feld bei Ditterke auf, Menschen kamen nicht zu Schaden.

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