Rückläufiger Trend: Seit der Legalisierungvon Cannabis gibt es weniger Verfahren
Polizei Barsinghausen zieht sechs Monate nach Inkrafttreten der neuen Regeln ein Zwischenfazit

Fazit nach sechs Monaten mit der Cannabislegalisierung: Joachim Eickmeyer, Leiter des Kriminal- und Ermittlungsdienstes in Barsinghausen, spricht von einem rückläufigen Trend hinsichtlich eingeleiteter Verfahren.Foto: privat
Barsinghausen. „Legalize it“ forderte Peter Tosh im Jahr 1976 im Titellied auf seinem Roots-Reggae-Album. Gemeint war die Entkriminalisierung von Cannabis. Fast 50 Jahre später war es dann in Deutschland so weit: Anbau und Konsum sind nun innerhalb gewisser Grenzen erlaubt. Von den einen herbeigesehnt, von anderen mit Gleichmut hingenommen, von Bedenkenträgern vehement bekämpft ist das sogenannte Cannabisgesetz am 1. April dieses Jahres in Kraft getreten.

Seitdem ist der Konsum von Cannabis – so das lateinische Wort für Hanf – legal. Allerdings gilt das nicht überall. In der Nähe von Kindern und Jugendlichen ist es zum Beispiel verboten, einen Joint zu rauchen. Festgelegt wurde ein ­100-Meter-Radius um Spielplätze, Schulen oder Kinder- und Jugendeinrichtungen. In der Fußgängerzone gilt zwischen 7 und 20 Uhr ein Verbot für den Konsum von Cannabis. Auch beim Alter zogen die Gesetzgeber eine klare Linie, erlaubt ist der Konsum ab 18 Jahren.

Die Polizei muss die Entscheidung aus der Politik seit einem halben Jahr im Alltag umsetzen und kontrollieren. Handfeste Zahlen in Form der allgemeinen Kriminalitätsstatistik für dieses Jahr liegen erst Anfang nächsten Jahres vor. „Der Trend, was Verfahren angeht, scheint aber rückläufig zu sein“, prognostiziert Joachim Eickmeyer, Leiter des Kriminal- und Ermittlungsdienstes in Barsinghausen. 2023 seien in Barsinghausen 90 Blutentnahmen im Zusammenhang mit Drogendelikten durchgeführt worden. Mitte Oktober dieses Jahres belaufe sich diese Zahl auf ungefähr 40.

Seit der Legalisierung habe es in Barsinghausen keine Polizeieinsätze wegen des übermäßigen Cannabiskonsums bei privaten oder öffentlicher Feiern gegeben. Auch ein Anstieg des Cannabiskonsums von Minderjährigen sei nicht aufgefallen. Die Kontrollen in der Nähe von Schulen und in der Fußgängerzone seien verstärkt worden. Verstöße gegen die Abstandsregelung hätten die Beamten dabei jedoch nicht festgestellt worden, so Eickmeyer. Auch Delikte wegen des verbotenen Mischkonsums von Alkohol und Cannabis seien nicht bekannt.

Am Steuer gilt ein Grenzwert von 3,5 Nanogramm des Wirkstoffs THC je Milliliter Blut – ähnlich wie die 0,5-Promille-Grenze für Alkohol. Die Überprüfung sei allerdings – im Unterschied zum Alkoholnachweis – weniger leicht, berichtet Eickmeyer. Denn anders als beim Alkoholtest könne ein zu intensiver Cannabiskonsum nicht einfach durch eine Atemprobe festgestellt werden. Die Kolleginnen und Kollegen seien geschult, die damit einhergehenden körperlichen Auffälligkeiten zu erkennen, berichtet der Leiter des Kriminal- und Ermittlungsdienstes in Barsinghausen. Würden Auffälligkeiten bei einer Verkehrskontrolle festgestellt, folgten im zweiten Schritt auf freiwilliger Basis beispielsweise einfache neurologische Tests. Erhärte sich dadurch der Verdacht, schließe sich ein freiwilliger Urintest an. Sei dieser positiv, folge die – dann nicht mehr freiwillige – Blutprobe. Bei deutlichen Ausfallerscheinungen kann diese aber auch direkt angeordnet werden.

Die Frage, wie viel Nanogramm THC nach dem Rauchen eines Joints im Blut nachweisbar seien und in welchem Zeitraum der Wert sinke, lasse sich nicht beantworten, da dies von vielen Faktoren abhänge. So hält Eickmeyer es durchaus für möglich, dass der Grenzwert bei einem Regelkonsumenten überschritten sein könnte, auch wenn dieser zuletzt am Vortag geraucht habe. „Je länger man konsumiert, desto höher ist der Wert im Blut“, meint er. So gebe es auch die Empfehlung, nach dem Konsum einen Tag zu warten, bevor man sich wieder hinters Steuer setzt.

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