Produkte für Veganer
kommen bald aus Groß Munzel
Aus gelben Körnererbsen:
Das Unternehmen Nordzucker baut für mehr als 100 Millionen Euro eine Eiweißfabrik

Neubaupläne: Bereits ab November soll am Nordzucker-Standort in Groß Munzel ein neues Werk für die pflanzbasierte Produktion von Proteinen entstehen.Foto: Ingo Rodriguez
Groß Munzel. Es sind die veränderten Ernährungsgewohnheiten und Trends zu Ersatzprodukten für Fleisch, Ei und Milch, die dem Unternehmen Nordzucker aus Braunschweig eine attraktive Geschäftsperspektive bieten. Der Zuckerhersteller investiert deshalb mehr als 100 Millionen Euro, um am bisherigen Standort einer Flüssigzuckerfabrik in Groß Munzel eine Eiweißfabrik zu errichten. Bereits ab 2026 sollen dort pflanzenbasierte Proteine für die Produktion veganer Fleischersatzprodukte hergestellt werden. Auch der Landwirtschaft und der Stadt Barsinghausen eröffnet dies vielversprechende Perspektiven.

„Am 13. November ist der erste Spatenstich. Die Inbetriebnahme des Werks ist für den Sommer 2026 geplant“, berichtete jetzt Claus-Friso Gellermann vom Nordzucker-Tochterunternehmen Plant Based Ingredients. Das Unternehmen wird die neue Produktionsstätte bauen, betreiben und auch die Erzeugnisse vertreiben. Gellermann war auf den Hof des Landwirts Arnd von Hugo in Groß Munzel gekommen, um Landwirtinnen und Landwirte aus der Region Hannover genauer über den neuen Nordzucker-Geschäftszweig zu informieren. Initiiert hatte das Treffen der CDU-Bundestagsabgeordnete für Barsinghausen, Tilman Kuban. „Das neue Werk ist für die Landwirtschaft eine große Chance“, versicherte Kuban. Auch Gastgeber Arnd von Hugo bestätigte: „Die Eiweißfabrik bietet in vielen Dimensionen große Möglichkeiten“, so der Vorsitzende des Landvolkverbandes Region Hannover.

Warum landwirtschaftliche Betriebe vom veganen Boom profitieren können, erläuterte Gellermann. Demnach sollen die Proteinrohstoffe aus gelben Körnererbsen gewonnen werden. Für das Unternehmen Nordzucker und die Landwirtschaft biete der vegane Wachstumsmarkt die Möglichkeit, ihre Produktion auf andere Erzeugnisse auszuweiten. Denn geplant wird mit einem regionalen Anbau der Erbsen – mit vertraglich geregelter Abnahme. Landwirte sollen die Körnererbsen in ihre Fruchtfolge einbauen. Das Ziel des regionalen Vertragsanbaus: Die Nordzucker-Tochter will künftig den Großkunden aus der Fleisch- und Wurstproduktion hochwertige Rohstoffe aus nachhaltiger und regionaler Produktion für die Herstellung veganer Produkte zuliefern.

„Deutschland ist der größte Markt in ganz Europa für vegane Produkte“, berichtete Gellermann. Das Konzept mit gelben Körnererbsen als lokal angebauter Rohstoff sei bundesweit bislang einmalig. „Andere Anbieter von Proteinen für die Lebensmittelindustrie kaufen die Rohstoffe an“, so Gellermann. In Groß Munzel sollen die regional angelieferten Erbsen zu einem pulverartigen Texturat verarbeitet werden.

Mit zahlreichen Anbietern veganer Fleischersatzprodukte seien bereits Gespräche geführt worden, so Gellermann, der aber noch keine Namen nennen wollte. Zu den bekanntesten Herstellern, deren Produkte in deutschen Supermarktregalen zu finden sind, zählen Rügenwalder Mühle, Greenforce, Beyond Meat oder auch Gutfried.

Um 2026 mit der Produktion beginnen zu können, wurden mit rund 600 Landwirten bereits Verträge für den ersten Erbsenanbau im Jahr 2025 geschlossen. Die Vertragspartner stammen aus einem Umkreis von rund 250 Kilometern rund um Groß Munzel. Für die teilnehmenden Landwirtinnen und Landwirte des Treffens in Groß Munzel hatte Gellermann gute Nachrichten: „Wer bislang noch keinen Zuschlag für den Erbsenanbau erhalten hat, muss sich nicht ärgern.“ Die ersten Lieferungen seien nur für den Einstieg notwendig und lediglich etwa ein Drittel der künftig benötigten Menge, betonte er. „Bei Vollauslastung des neuen Werkes sollen dreimal so viel Erbsen verarbeitet werden“, sagte Gellermann. „Wir machen aber jetzt nur Jahresverträge und werden Mitte 2025 neu ausschreiben“, versicherte er. Die Neubaupläne: Auf einem rund 3,5 Hektar großen Baugrundstück in Groß Munzel sollen unter anderem eine Siloanlage für die Erbsenlagerung und eine fünfstöckige Halle mit Mühlenbetrieb entstehen. Der Betrieb der bisherigen Flüssigzuckerfabrik soll nach Nordstemmen verlagert werden. Das Personal werde übernommen. „Es entstehen aber 40 neue Arbeitsplätze“, so Gellermann. Für den Standort Groß Munzel habe man sich wegen der bestehenden Infrastruktur entschieden: „Strom, Wasser, Abwasser, Nähe zur Autobahn: Das passt alles.“ CDU-Bundestagsabgeordneter Kuban beschrieb die Chancen für die Stadt Barsinghausen: „Für den Neubau werden Firmen und Handwerksbetriebe benötigt und 40 neue Arbeitskräfte für das Werk. Es sind Gewerbesteuereinnahmen zu erwarten.“

Landwirt Sören Baumgarte aus Linderte zählt zu den ersten der rund 600 Vertragspartner: Etwa 10 Prozent seiner Betriebsfläche – rund zwölf Hektar – werde er im nächsten Jahr nutzen, um bis zu sechs Tonnen gelbe Körnererbsen pro Hektar zu ernten. Nur der Standort für die Zulieferung und Lagerung der Erbsenernte stehe noch nicht fest, erklärte Gellermann.

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